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Die „Austrian Limited“ – eine Revolutionärin auf dem Prüfstand


Um den Wirtschaftsstandort Österreich für Unternehmensgründungen und ausländische (Start-Up-)Investoren im internationalen Wettbewerb attraktiver zu gestalten, sieht das Regierungsprogramm 2020-2024 die Schaffung einer neuen Gesellschaftsform vor. Bekannt ist sie unter dem Arbeitstitel „Austrian Limited“. Vorgesehen ist eine „unbürokratische Gründung“ samt „flexibler Anteilsvergabe“. Mit Gutachten vom 08.09.2020 wurde dazu im Auftrag des BMDW ein Regelungskonzept zur Einführung einer solchen „zeitgemäßen, Gründer- und Investorenfreundlichen Gesellschaftsform“ geschaffen. Die geplante Reform des Gesellschaftsrechtes steht damit wohl unmittelbar vor der Tür – wobei es noch immer einiges an Diskussionsstoff bezüglich der konkreten Ausgestaltung gibt.

Schnell, einfach und kostengünstig

Die Gründung der „Austrian Limited“ soll „schnell, einfach und kostengünstig möglich sein“. Um internationalen Gründern und Investoren den Zugang zur „Austrian Limited“ zu erleichtern, soll die Gründung daher auch gänzlich online erfolgen können. Als Stammkapital sollen bloß EUR 5.000 benötigt werden, wobei überhaupt nur EUR 2.500 sofort bei Gründung in bar einzubezahlen sein sollen. Der Rest kann durch Sacheinlagen oder Dienstleistungen eingebracht werden. So weit, so gut. Davon abgesehen, dass sich mit EUR 5.000 Eigenkapital schwer ein Unternehmen betreiben lässt, handelt es sich bei Dienstleistungen aber kaum um taugliche Sacheinlagen (die Stammkapitalaufbringung durch Dienstleistung ließe sich auch nicht ohne Weiteres in der Eröffnungsbilanz darstellen).

Für Anteilsabtretungen sollen schriftliche Vereinbarungen zwischen den Parteien ausreichen (so etwa auch bereits das schweizerische GmbH-Recht). Auch (begrüßenswerte) flexiblere Kapitalmaßnahmen sind vorgesehen, so soll der „Austrian Limited“ ein genehmigtes sowie ein bedingtes Kapital zur Verfügung stehen.

Vollkommenes Neuland ist das Abgehen von jeglichen Formvorschriften: Die Gründung soll ohne Notariatsakt erfolgen können, der Gesellschaftsvertrag soll vom Firmenbuchgericht inhaltlich auch nicht mehr überprüft werden. Überhaupt soll für sämtliche Urkunden, Erklärungen, Beschlussfassungen und Anmeldungen zum Firmenbuch einfache Schriftform oder gar bloße Textform ausreichen. Umlaufbeschlüsse sollen nicht mehr nur dann zulässig sein, wenn sich alle damit einverstanden erklären oder an diesen teilnehmen, eine E-Mail an alle Gesellschafter betreffend die Bekanntgabe der Einleitung einer schriftlichen Beschlussfassung soll hier etwa genügen. Die „Austrian Limited“ soll zwar ins Firmenbuch eingetragen werden, nicht aber ihre Gesellschafter, es soll stattdessen ein Anteilsbuch mit den maßgeblichen Daten geführt werden. Aufgrund der damit einhergehenden Gefährdung der Rechtssicherheit (es bestehen vor allem Risiken in Zusammenhang mit Geldwäsche und Sozialbetrug) stößt vor allem dieser Punkt auf massive Kritik und stellt auch einen Widerspruch zum Regierungsprogramm dar, schreibt dieses doch die Beibehaltung der österreichischen Transparenzstandards vor.

Erstaunlich ist auch, dass alle Anträge an das Firmenbuch sowie auch der Gesellschaftsvertrag selbst in englischer Sprache verfasst werden können sollen. Dies ist im Hinblick auf den internationalen Wettbewerb zwar durchaus interessant, aber derzeit noch nicht in Einklang mit Art 8 Abs 1 B-VG, wonach Deutsch die Staatssprache ist.

Ausblick: Austrian Limited und vieles mehr

Einige Punkte des Vorhabens im Hinblick auf die „Austrian Limited“ stießen bereits auf Kritik. Es stehen sich offenbar die Systeme „schnell, einfach und kostengünstig“ auf der einen Seite und „gewissenhaft und sicher“ auf der anderen Seite gegenüber. Es wäre jedenfalls wünschenswert, wenn neue, angedachte Regeln, die gut sind, jedenfalls auch für die reguläre GmbH übernommen würden. Gesichert ist, dass es zu umfangreicheren Änderungen im Gesellschaftsrecht kommen wird – die Details dazu sind noch abzuwarten. Die „Austrian Limited“ ist jedoch nur eine von mehreren aktuell diskutierten neuen Gesellschaftsformen. Ebenso in Diskussion steht eine „KG mbH“ als Nachfolgerin der GmbH & Co KG (wodurch der Übergang von Personen- zu Kapitalgesellschaften geebnet werden soll) sowie eine nicht börsennotierte „Flex AG“ (eine Kombination aus der schlanken und flexiblen Struktur der GmbH einerseits und der einfachen Anteilsübertragung der AG andererseits).

Für die Beantwortung weiterer Fragen zu diesem Thema stehen Ihnen unsere Expertinnen Daniela Huemer und Carina Gstöttner aus dem Team Unternehmens- und Gesellschaftsrecht gerne zur Verfügung.

Disclaimer

Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Die Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH übernimmt keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.

 

5. Juli 2021

 
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