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Covid-Schäden – Nichts geht mehr, oder doch?


In zwei brandaktuellen Entscheidungen haben sowohl der OGH als auch der VwGH Ersatzansprüche von betroffenen Unternehmern abgewiesen.

„Seuchen-Zusatz“ in Versicherungspolizze schützt nicht vor COVID-19

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in der jüngst veröffentlichten Entscheidung 7 Ob 214/20a vom 24.02.2021 die Deckungspflicht der beklagten Versicherung verneint – trotz Bestehen einer Betriebsausfallversicherung mit Seuchenzusatz. Im konkreten Fall klagte ein Vorarlberger Hotelbetreiber seine Versicherung auf Zahlung aus der Betriebsausfallversicherung, welche eben auch eine Betriebsschließung infolge Seuchengefahr aufgrund des Epidemiegesetzes (EpiG) für 30 Tage abdeckte.

In der Folge war die Versicherung nur bereit, für jene (12) Tage zu zahlen, an denen die Betriebsschließung auf Basis des EpiG erfolgte. Für die übrigen (18) Tage verweigerte die Versicherung die Zahlung mit dem Argument, dass keine behördliche Schließung auf Basis des EpiG mehr vorgelegen sei, sondern „nur“ ein Betretungsverbot auf Grundlage des neu verabschiedeten COVID-19-Maßnahmengesetzes (COVID-19-MG).

Die Unterinstanzen folgten noch der Argumentation des versicherten Hoteliers: Für einen Hotelbetreiber sei es unerheblich, ob seine Gäste aufgrund des EpiG oder aufgrund der Betretungsverbote des COVID-19-MG sein Hotel nicht betreten dürfen, weil ein Betretungsverbot einer faktischen Betriebsschließung gleichkomme. Der OGH jedoch drehte diese Entscheidung um, indem er sehr wohl zwischen einer Betriebsschließung gemäß EpiG und einem Betretungsverbot als Folge einer Verordnung des Vorarlberger Landeshauptmannes auf Basis des COVID-19-MG differenzierte. Eine Differenzierung sei schon deshalb geboten, – so der OGH – weil eine Betriebsschließung qualitativ ein anderes Risiko als ein Betretungsverbot verwirkliche. Dass sich ein Betretungsverbot für einzelne Betriebe von Versicherungsnehmern faktisch wie eine Betriebsschließung auswirke sei hingegen für die Auslegung der vereinbarten Bedingungslage (vereinbartes Risiko) nicht relevant, wodurch nur im Fall einer Betriebsschließung auf Basis des EpiG eine Versicherungsdeckung bestehe.

Auch wenn diese Entscheidung des OGH nun vermuten lässt, dass Versicherungsansprüche aufgrund eines Betretungsverbotes wohl nicht durchgesetzt werden können (wobei es hier natürlich auch immer auf den genauen Wortlaut der Versicherungsbedingungen ankommt), bleibt abzuwarten, ob nicht in weiteren Entscheidungen das Argument, dass „wirtschaftlich“ gesehen im Ergebnis der gleiche Schaden für den versicherten Betrieb eintritt, nicht doch mehr Gewicht erlangt.

Nun auch der VwGH: Kein Ersatzanspruch für „Lockdown“

In eine ähnliche Kerbe schlägt auch der Verwaltungsgerichtshof (VwGH), der in der Entscheidung Ra 2021/03/0018 (ebenfalls) vom 24.02.2021 Entschädigungsansprüche einer Gesellschaft, welche mehrere Buchhandlungen betreibt, abgewiesen hat, weil die Betriebsbeschränkungen nicht nach EpiG mit Bescheid verfügt, sondern (bloße) Folge der auf Grundlage des COVID-19-MG erlassenen Maßnahmenverordnungen waren.

In der gegenständlichen Entscheidung urteilte der VwGH über einen Antrag eines Buchhändlers, der auch ein Geschäft im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag betreibt und vom Lockdown betroffen war. Das Unternehmen machte geltend, es handle es sich bei den Betretungsverboten um Betriebsbeschränkungen im Sinne des EpiG und beantragte eine Vergütung für den Verdienstentgang in Höhe von rund EUR 230.000,00.

Sowohl die Bezirkshauptmannschaft als auch das Landesverwaltungsgericht Steiermark wiesen diesen Anspruch des Buchhändlers zurück und wurden nun durch den VwGH bestätigt. Ähnlich wie der OGH differenzierte der VwGH zwischen Betriebsbeschränkungen nach dem EpiG und jenen auf Basis der COVID-19-Maßnahmenverordnungen. Da im Fall des Buchhändlers keine Betriebsbeschränkung auf Basis des EpiG erfolgte (welche mittels Bescheid erfolgen müsse), sondern die Betriebsbeschränkungen Folge der COVID-19-Maßnahmenverordnungen waren, bestehe kein Ersatzanspruch nach Epidemiegesetz.

Auch wenn der VwGH zugleich betont, dass die Regelungen des EpiG neben den COVID-19-Gesetzen/-Verordnungen weiterhin zur Anwendung kommen, ist wohl den wenigsten Unternehmern damit geholfen, weil deren Betriebsbeschränkungen/-schließungen in den seltensten Fällen auf Basis des EpiG erfolgten.

Ausblick

Durch die Entscheidungen des OGH und des VwGH haben geschädigte Unternehmer hinsichtlich ihrer Ersatzansprüche einen Dämpfer erlitten. Beide Höchstgerichte lassen erkennen, dass nur im Fall einer behördlichen Maßnahme, die formal auf Grundlage des EpiG ergeht, ein Ersatzanspruch/eine Versicherungsdeckung besteht. Beruht die Betriebsbeschränkung/-schließung auf den diversen COVID-19-Gesetzen/-Verordnungen soll hingegen kein direkter Anspruch gegen Staat/Versicherung bestehen. Es bleibt daher abzuwarten und zu beobachten, ob sich diese Judikatur weiter verfestigt oder doch noch dem Argument, dass „wirtschaftlich“ gesehen im Ergebnis der gleiche Schaden für den jeweiligen Betrieb eintritt, mehr Gewicht beigemessen wird.

Für Betroffene bleibt aber zumindest die Möglichkeit – bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen – durch die diversen Corona-Hilfen und -Förderungen (eine Übersicht dazu finden Sie hier) zumindest einen Teil des durch die Betretungsverbote verursachten Schadens ersetzt zu bekommen.

Für die Beantwortung weiterer Fragen zu diesem Thema stehen unsere ExpertInnen Ihnen gerne telefonisch oder unter akut@hnp.at zur Verfügung.

Disclaimer

Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Die Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH übernimmt keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.

(Stand: 16.03.2021)

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