COVID-19
Antworten auf dringende Rechtsfragen
Aufgrund zahlreicher Anfragen während der letzten Tage und Wochen, haben wir nachstehend einige häufig gestellte Fragen im Zusammenhang mit dem neuartigen Coronavirus (COVID-2019) gesammelt und online gestellt.
Allgemein besteht im Krankheitsfall keine Verpflichtung des Arbeitnehmers, dem Arbeitgeber die Diagnose bekannt zu geben. Aufgrund der sich aus dem Dienstverhältnis ergebenden Treuepflicht ist der Arbeitnehmer aber verpflichtet, dem Arbeitgeber drohende Gefahren und Schäden zu melden. Verdachts-, Erkrankungs- und Todesfälle im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 sind meldepflichtig. Vor diesem Hintergrund wird eine Anzeigepflicht des Arbeitnehmers auch gegenüber dem Arbeitgeber anzunehmen sein, da der Arbeitgeber auch nur so seinen Schutz- und Fürsorgepflichten gegenüber den anderen Arbeitnehmern nachkommen kann.
Nach einer Vereinbarung zwischen Ärztekammer und Gesundheitsministerium soll für die Dauer der Corona-Krise übrigens auch eine telefonische Krankmeldung möglich sein.
Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer nicht verbieten, in bestimmte Länder oder Regionen zu reisen. Der Entgeltfortzahlungsanspruch kann aber entfallen, wenn der Arbeitnehmer krank werden sollte und er diese Dienstverhinderung vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Die Reise in eine Region, für die eine Reisewarnung besteht, ist unter Umständen als grob fahrlässig zu bewerten.
Seit 10.03.2020 wurde die Einreise nach Österreich sukzessive beschränkt. Sollte ein Arbeitnehmer nach einer Reise in ein Risikogebiet die Arbeit aufgrund von Verkehrsbeschränkungen nicht rechtzeitig antreten können, ist zu prüfen, ob ihn hieran (bei Vorhersehbarkeit behördlicher Maßnahmen) ein Verschulden trifft. Wenn dies der Fall ist, hat der Arbeitnehmer bis zur (Wieder-)Aufnahme der Tätigkeit keinen Anspruch auf Entgelt.
Es besteht ein Entgeltfortzahlungsanspruch, wenn der Arbeitnehmer durch andere wichtige, seine Person betreffende Gründe ohne sein Verschulden während einer verhältnismäßig kurzen Zeit an der Leistung seiner Dienste verhindert wird.
Die Schließung von Schulen und Kindergärten und die dadurch notwendige Betreuung der Kinder kann einen solchen wichtigen Grund darstellen, sofern die Betreuung unbedingt erforderlich ist und keine andere zumutbare Betreuungsmöglichkeit besteht. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber das Vorliegen einer Dienstverhinderung aber jedenfalls zu melden und auf dessen Verlangen nachzuweisen.
Der Anspruch besteht nach den gesetzlichen Bestimmungen nur „während einer verhältnismäßig kurzen Zeit“. Als Richtwert kann ein Zeitraum von bis zu sieben Tagen gelten. In besonders berücksichtigungswürdigen Einzelfällen kann dieser Richtwert aber auch überschritten werden. Im Anschluss daran wird zur Betreuung von Kindern Urlaub bzw. Zeitausgleich zu konsumieren sein.
Im Zeitraum 16.03. bis 30.05.2020 können Arbeitgeber mit Arbeitnehmern, welche nicht in einem versorgungskritischen Bereich tätig sind, und Betreuungspflichten für Kinder unter 14 Jahren haben, für bis zu drei Wochen eine bezahlte Sonderbetreuungszeit vereinbaren (§ 18b AVRAG). Bei der Sonderbetreuungszeit handelt es sich weder um einen Krankenstand noch um einen Urlaub. Arbeitgeber erhalten ein Drittel der in der Sonderbetreuungszeit entstehenden Lohnkosten vom Bund ersetzt.
Grundsätzlich sind medizinische Untersuchungen ohne Zustimmung des Arbeitnehmers unzulässig. In begründeten Verdachtsfällen kann eine Zustimmungspflicht allenfalls aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers abgeleitet werden.
Verweigert der Arbeitnehmer in begründeten Verdachtsfällen einen Test, kann unter Umständen die Entgeltfortzahlungspflicht des AG entfallen.
§ 20 Epidemiegesetz erlaubt unter strengen Voraussetzungen die Schließung von Betrieben, in denen bestimmte Gewerbe ausgeübt werden, deren Betrieb eine besondere Gefahr für die Ausbreitung dieser Krankheit mit sich bringt. Der aus solchen Maßnahmen resultierende Verdienstentgang ist dem Unternehmer gemäß § 32 Abs 1 Z 5 Epidemiegesetz vom Bund zu vergüten.
Durch das COVID-19-Maßnahmengesetz wurde der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz dazu berechtigt, durch Verordnung das Betreten von Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen zu untersagen, soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. Mit einer entsprechenden Verordnung wurde mit Wirksamkeit ab 16.03.2020 das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels und von Dienstleistungsunternehmen zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder der Benützung von Freizeit- und Sportbetrieben untersagt. Gleiches galt (mit wenigen Ausnahmen) ab 17.03.2020 für Gastgewerbebetriebe.
Ordnet eine Verordnung nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz an, dass bestimmte Geschäftslokale nicht mehr betreten werden dürfen, was in vielen Fällen de facto zu deren vorübergehender Schließung führen muss, so stehen hierfür , anders als im Falle einer Betriebsschließung nach § 20 Epidemiegesetz,keine Ersatzansprüche zu.
Wird einem Unternehmen durch die zuständige Behörde der Betrieb vorübergehend untersagt, hat der Arbeitgeber das Entgelt fortzuzahlen. Erfolgt die Schließung auf Basis des Epidemiegesetzes, kann er vom Bund aber für die dadurch anfallenden Kosten Ersatz verlangen (siehe dazu auch Maßnahmen bei Betrieben – Rechtsgrundlagen und Anwendungsfälle).
Nicht eindeutig war die Rechtslage mit Blick auf die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers jedoch, wenn Unternehmen aufgrund einer Verordnung nach dem COVID-19-Maßnahmengesetzes, mit der das Betreten bestimmter Geschäftslokale untersagt wurde, ihren Betrieb einstellen oder einschränken müssen. Mit dem 2. COVID-19-Gesetz, das in wesentlichen Teilen am 22.03.2020 in Kraft trat, hat der Gesetzgeber nunmehr für Klarheit gesorgt: Demnach fallen Betriebseinschränkungen oder -unterbrechungen aufgrund derartiger Maßnahmen in die Risikosphäre des Arbeitgebers. Löhne und Gehälter sind daher fortzuzahlen. Der Arbeitgeber kann allerdings einseitig den Konsum von bis zu acht Wochen Urlaub und Zeitausgleich anordnen. Aus dem laufenden Urlaubsjahr müssen höchstens zwei Wochen Urlaub konsumiert werden. Von der Verbrauchspflicht für Zeitausgleich sind auch Zeitguthaben ausgenommen, die als Alternative zu einer kollektivvertraglichen Gehaltserhöhung gewährt wurden. Die diesbezüglichen Regelungen sind bis Ende des Jahres in Kraft.
Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs sind die Grundsätze der Entgeltfortzahlungspflicht auch auf freie Dienstnehmer (analog) anwendbar. Folglich könnten auch freie Dienstnehmer Anspruch auf das Entgelt haben, wenn bereits vereinbarte Leistungen aufgrund von Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie nicht erbracht werden können.
Als Reaktion auf die Ausbreitung des Coronavirus in Österreich, die damit verbundenen Gegenmaßnahmen und ihre wirtschaftlichen Folgen wurde am 15.03.2020 als Teil eines „Corona-Maßnahmenpakets“ das Modell „Corona-Kurzarbeit“ beschlossen. Es erlaubt Kurzarbeit in einem erheblich größeren Umfang als bisher. Ergänzende Verfahrensregelungen sollen ein rasches Antragsverfahren sicherstellen.
Ausführliche Informationen hierzu haben wir in unserem Beitrag „Corona-Kurzarbeit“ – Ein erster Überblick bereitgestellt.
Für die Beantwortung weiterer Fragen zu diesem Thema stehen unsere ExpertInnen Ihnen gerne telefonisch oder unter akut@hnp.at zur Verfügung.
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