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Wir helfen bei der Umsetzung und Aufarbeitung!
Als Reaktion auf die Ausbreitung des Coronavirus in Österreich, die damit verbundenen Gegenmaßnahmen und ihre wirtschaftlichen Folgen wurde zu Beginn der Pandemie als Teil eines „Corona-Maßnahmenpakets“ das Modell „Corona-Kurzarbeit“ beschlossen. Es erlaubt Kurzarbeit in einem erheblich größeren Umfang als bisher. Ergänzende Verfahrensregelungen sollen ein rasches Antragsverfahren sicherstellen. Die detaillierten Förderrichtlinien des AMS sowie eine aktualisierte Sozialpartnervereinbarung wurden am 19.03.2020 veröffentlicht.
Schon bisher war es Unternehmen möglich, bei unvorhergesehenen, vorübergehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die Normalarbeitszeit für Arbeitnehmer herabzusetzen („Kurzarbeit“). Voraussetzung ist entweder eine entsprechende Regelung im Kollektivvertrag (im Falle einer entsprechenden Ermächtigung oder bei Naturereignissen auch eine Regelung durch Betriebsvereinbarung), die den Arbeitgeber zur einseitigen Anordnung von Kurzarbeit ermächtigt, oder eine einvernehmliche Vereinbarung. Das Entgelt der Arbeitnehmer reduziert sich während der Kurzarbeit aliquot im Ausmaß der vorgesehenen Arbeitszeitverkürzung. Zusätzlich erhält der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber eine Kurzarbeitsunterstützung, die der Höhe nach zumindest dem Arbeitslosengeld entspricht, das der Arbeitnehmer für die nicht geleistete Arbeitszeit erhalten würde. Das reguläre Arbeitsentgelt wird in diesem Umfang durch Mittel der Arbeitslosenversicherung ersetzt („Kurzarbeitsbeihilfe“). Ziel der Kurzarbeit ist, die betreffenden Arbeitnehmer im Betrieb zu halten und eine krisenbedingte Kündigung zu vermeiden.
Während die Normalarbeitszeit nach dem bisherigen Kurzarbeitsmodell jedoch bloß auf maximal 10% der Normalarbeitszeit verkürzt werden konnte, wird nach der neuen Regelung eine Reduktion auf bis zu 0% möglich sein. Die Normalarbeitszeit muss im gesamten Kurzarbeitszeitraum aber im Schnitt mindestens 10% betragen. So wäre etwa bei einer Kurzarbeitsdauer von sechs Wochen eine Reduktion auf 0 % für 5 Wochen, sowie auf 60% für eine Woche möglich. Damit soll gewährleistet werden, dass Arbeitnehmer für begrenzte Dauer auch gänzlich dienstfrei gestellt werden können, ohne sie kündigen zu müssen. Die Normalarbeitszeit kann während Kurzarbeit im Einvernehmen mit dem Betriebsrat, in Betrieben ohne Betriebsrat im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer verändert werden. Während der Kurzarbeit können Überstunden geleistet werden. Die Lage der gekürzten Normalarbeitszeit ist auf die einzelnen Wochentage zu verteilen. Es muss aber nicht zwingend an jedem Wochentag gearbeitet werden, die Beibehaltung von Schließtagen ist weiterhin möglich.
Die maximale Dauer der Corona-Kurzarbeit beträgt sechs Monate (zunächst drei Monate plus eine einmalige Verlängerungsmöglichkeit um weitere drei Monate).
Die Höhe der Nettoersatzrate (Prozentsatz des Arbeitseinkommens nach Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen) ist sozial gestaffelt: Bei einer Reduktion der Arbeitszeit auf Null sollen Arbeitnehmer mit einem monatlichen Brutto-Verdienst bis zu EUR 1.700,00 zumindest 90% des bisherigen Nettoentgelts erhalten, bei einem Bruttoentgelt zwischen EUR 1.700,00 und EUR 2.685,00 (halbe Höchstbeitragsgrundlage) 85% des bisherigen Nettoentgelts und 80% des bisherigen Nettoentgelts, wenn das Entgelt vor der Kurzarbeit über EUR 2.685,00 lag. Für Einkommensteile über EUR 5.370,00 gebührt keine Beihilfe.
Das AMS hat einen Online-Rechner eingerichtet, welcher dabei helfen soll, die Höhe der möglichen Kurzarbeitsbeihilfe im Zusammenhang mit COVID-19 zu ermitteln.
Die Beiträge und Leistungen der Sozialversicherung sind trotz des durch die Kurzarbeit geringeren Einkommens nach der letzten Beitragsgrundlage vor Eintritt der Kurzarbeit zu bemessen und abzuführen (§ 37 Arbeitsmarktservicegesetz). Wer den Anteil der dadurch erhöhten Arbeitnehmerbeiträge übernimmt, sollte in der Kurzarbeitsvereinbarung geregelt werden. Eine Kommunalsteuer hat der Arbeitgeber für die Kurzarbeitsunterstützung nicht zu entrichten.
Darüber hinaus erfolgt eine Kostenübernahme der Dienstgeberbeiträge für die Sozialversicherung nunmehr ab dem ersten Monat der Kurzarbeit.
Zu berücksichtigen ist ferner, dass Kündigungen während sowie innerhalb einer in der Sozialpartnervereinbarung festzulegenden „Behaltefrist“ nur in Ausnahmefällen möglich sind und der Zustimmung des AMS bedürfen. Die „Behaltefrist“ beträgt im Regelfall einen Monat nach Ende der Kurzarbeit und kann bei Vorliegen besonderer Umstände sowohl verlängert als auch verkürzt werden.
Während bislang vorgesehen war, dass Kurzarbeit durch einen Krankenstand unterbrochen wird, wurde zwischenzeitlich in Aussicht gestellt, dass bei Krankenständen das AMS die Kosten der Entgeltfortzahlung (auf Basis des Entgelts vor Beginn der Kurzarbeit) anteilig im Ausmaß der Reduktion der Arbeitszeit übernehmen soll.
Ab Ende der Kurzarbeit ist auch während der Behaltefrist der Einsatz von zusätzlichen überlassenen Arbeitskräften möglich. Eine Kombination von Kurzarbeit und anderweitiger Überlassung ist im selben Zeitraum jedoch nicht möglich.
Auch ArbeitgeberInnen, die das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften (§ 94 Ziffer 72 Gewerbeordnung) ausüben, sind im Rahmen der „Corona-Kurzarbeit“ förderbar.
Während ursprünglich noch kolportiert wurde, dass vor Beginn der Kurzarbeit Urlaubsguthaben vergangener Urlaubsjahre und Zeitguthaben nach den betrieblichen Notwendigkeiten zur Gänze konsumiert werden muss, sehen die nunmehrigen Förderrichtlinien lediglich eine Information durch das AMS dahingehend vor, dass Alturlaubsansprüche sowie Zeitguthaben tunlichst abzubauen sind. Alturlaube und Zeitguthaben können auch während des Kurzarbeitszeitraumes abgebaut werden. Gemäß den Erläuterungen zur Richtlinie ist ernstliches Bemühen des Arbeitgebers hinsichtlich des Verbrauchs von Alturlaub und Zeitausgleich nachzuweisen. Bei Verlängerung der Kurzarbeit über drei Monate hinaus hat sich der Dienstgeber ernstlich um den Abbau von drei Wochen des laufenden Urlaubsanspruchs zu bemühen.
In verfahrensrechtlicher Hinsicht setzt die Umsetzung von Corona-Kurzarbeit voraus:
Die von WKO/ÖGB bereitgestellten Muster (Sozialpartner-Betriebsvereinbarung bzw Sozialpartner-Einzelvereinbarung) kombinieren die Sozialpartnervereinbarung und die Betriebsvereinbarung bzw allenfalls die arbeitsvertragliche Einzelvereinbarung (bei Fehlen eines Betriebsrates). Ob mittels Betriebsvereinbarung oder arbeitsvertraglicher Einzelvereinbarung, die Kurzarbeit bedarf jedenfalls der Zustimmung des Arbeitnehmers. Bei mangelnder Zustimmung wird eine betriebsbedingte Kündigung jedoch in aller Regel zulässig sein.
Gegenüber dem bisher bekannten Kurzarbeitsmodell wurde auch das Verfahren massiv beschleunigt: Während bisher das Arbeitsmarktservice sechs Wochen im Voraus verständigt werden sollte, soll die Gegenfertigung einer diesbezüglichen Vereinbarung durch die Sozialpartner binnen 48 Stunden erfolgen. Der Antrag auf Kurzarbeitsbeihilfe ist beim AMS ohne Einhaltung bestimmter Fristen einzubringen. Die Möglichkeit zur coronabedingten Kurzarbeit steht für alle Branchen zur Verfügung.
Die Beihilfe kann (rückwirkend) für den Zeitraum ab 01.03.2020 beantragt werden. Beihilfen werden bis längstens 30.09.2020 ausbezahlt.
Weiters wurde im Hinblick auf die ab 16.03.2020 bestehenden Einschränkungen im Schulbetrieb beschlossen, dass Arbeitgeber jenen Arbeitnehmern, die nicht im versorgungskritischen Bereich tätig sind, zur Betreuung von unter 14-jährigen Kindern bis zu drei Wochen Sonderbetreuungszeit gewähren können. Die Regelungen zur Sonderbetreuungszeit wurde mittlerweile novelliert, erweitert und deren Gültigkeit verlängert. Nähere Infos dazu finden Sie hier.
Für die Beantwortung weiterer Fragen zu diesem Thema stehen unsere ExpertInnen Ihnen gerne telefonisch oder unter akut@hnp.at zur Verfügung.
Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Haslinger / Nagele übernimmt keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.
(Stand: 24.03.2020, 08:00 Uhr, Erstversion: 17.03.2020, Überarbeitung: 08.06.2021)