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OGH besteht auf Formstrenge bei Aufgriff von GmbH-Anteilen


Ein formgerechter Gesellschaftsvertrag, der bei einem beabsichtigten Anteilsverkauf ein Aufgriffsrecht der Mitgesellschafter vorsieht, kann nicht ohne weiteres den erforderlichen Notariatsakt für das Abtretungsangebot ersetzen.

Werden GmbH-Geschäftsanteile übertragen, muss ein Vertrag in Notariatsaktsform abgeschlossen werden (§ 76 Abs 2 GmbHG). Dieser Vertragsabschluss erfolgt zumeist in einer Urkunde, die sowohl das Angebot einer Partei auf Abtretung der Anteile, als auch die Annahme der anderen Partei auf Übernahme dieser Anteile beinhaltet. Mit Angebot und Annahme ist der Vertrag perfekt.

In der Praxis sind aber auch Fälle denkbar, in denen Angebot und Annahme in getrennten Urkunden erfolgen. Ein praktisch relevanter Fall ist dabei die Ausübung von Aufgriffsrechten. Diese werden gern in Gesellschaftsverträgen vorgesehen, um sicherzustellen, dass die Gesellschafter „unter sich“ bleiben können und diese im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters aus der gemeinsamen Gesellschaft verhindern können, dass ein Fremder gegen ihren Willen in die Gesellschaft eintritt.

Formloses Angebot

Im Gesellschaftsvertrag war – nicht ganz unüblich – vorgesehen, dass dann, wenn ein Gesellschafter beabsichtigt, seinen Geschäftsanteil an andere Personen abzutreten, dieser vorher allen übrigen Gesellschaftern anzubieten ist. Im konkreten Fall teilte der abtretungswillige Gesellschafter seine Abtretungsabsicht den übrigen Gesellschaftern in einem formlosen Schreiben als Angebot mit.

Der Oberste Gerichtshof (OGH 25.11.2020., 6 Ob 198/20s) hatte zu beurteilen, ob für dieses Angebotsschreiben aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Aufgriffsklausel ein Notariatsakt erforderlich war. Die Frage ist insofern von praktischer Relevanz, als Aufgriffserklärungen formgültig erfolgen müssen, da sonst die Anteilsabtretung nicht wirksam zustande kommt.

Der OGH hat das formlose Schreiben für nicht ausreichend angesehen: Die Auflösung des Aufgriffsrechtes konnte hier nicht ohne Notariatsakt erfolgen, da im konkreten Fall die Voraussetzungen für das Aufgriffsrecht in einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit nicht bereits unmittelbar aus dem Gesellschaftsvertrag abgeleitet werden konnten.

Notariatsakt erforderlich

Der Gesellschaftsvertrag hatte lediglich vorgesehen, dass dann, wenn ein Gesellschafter „beabsichtigt“, seinen Geschäftsanteil an andere Personen abzutreten, er seinen Anteil vorher allen übrigen Gesellschaftern zum Erwerb anzubieten hat. Es wäre daher erforderlich gewesen, diese Verkaufsabsicht durch ein Angebot in Notariatsaktform zu unterbreiten. Da dies nicht erfolgte, ging die (formgültige) Annahme mangels formgültigen Angebots ins Leere.

Diese Entscheidung des OGH ist bei der Formulierung des Aufgriffsprozederes im Gesellschaftsvertrag sowie in allen Fällen, in denen ein Aufgriffsverfahren in Gang gesetzt wird, zu beachten. Sie ist auch für in der Vergangenheit – nicht formgerecht – erfolgte Erklärungen von erheblicher Bedeutung. Offen ist, ob überhaupt und wenn ja, wie konkret das Abtretungsangebot im Gesellschaftsvertrag zu formulieren ist, damit der ohnehin formpflichtige Gesellschaftsvertrag zugleich auch als formpflichtiges Angebot beurteilt werden kann.

Hinweis: Dieser Gastbeitrag von Daniela Huemer und Theresa Haglmüller erschien am 18.01.2021 in der Tageszeitung Die Presse.

 

18. Januar 2021

 
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