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Ökowerbung: vom Klimaschutzbier zum Weltrettungswodka


In Zeiten des Klimawandels werben immer mehr Unternehmen mit ihrem besonderen Beitrag zum Klimaschutz. Häufig stecken dahinter innovative Lösungen, die tatsächlich CO2 einsparen; manchmal entpuppt sich die flotte Werbung allerdings als flaues Versprechen. Solchen Schönfärbereien drohen im Wettbewerbsrecht empfindliche Niederlagen vor Gericht, denn: Justitia trägt zwar eine Augenbinde, ist aber gerade nicht farbenblind, wenn’s um Greenwashing geht…

Die Welt retten! – Diese Botschaft tönt aktuell aus allen Ecken. Nicht erst seit Tim Bendzko davon singt oder Fridays for Future dazu mahnen. Kein Wunder, dass sich die Werbewirtschaft, die gern mit Emotionen arbeitet, dieser Botschaft freudig und kreativ annimmt. Zwei aktuelle Claims seien nur beispielhaft erwähnt: Der „Weltrettungswodka“ (© Süddeutsche Zeitung), den ein Start- up namens Air Co in Brooklyn produziert. Dieser Wunderwodka entfernt – so der Hersteller – pro Flasche ein Pfund Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Das patentierte System arbeitet mit erneuerbarem Solarstrom, um Kohlenstoff aus der Luft in reines Ethanol umzuwandeln. Doch auch für umweltbewusste Bierliebhaber ist etwas dabei: Mit der Eröffnung eines zweistöckigen „Kaskaden“-Sudhauses der Karmeliten-Brauerei in Straubing ist der erste wichtige Baustein in Richtung einer energieautarken Brauerei gesetzt. Oben wird das Malz eingemaischt, und die Flüssigkeit läuft aufgrund der Schwerkraft quasi von allein in das untere Stockwerk. So muss für das sogenannte Läutern keine Energie aufgewendet werden.

Zwei Beispiele, die zeigen, wie mit umweltfreundlichen Herstellungsverfahren und den darauf gestützten Werbebotschaften unsere Emotionen als Konsument*innen angesprochen werden. Das blieb und bleibt auch den Gerichten im Wettbewerbsrecht nicht verborgen, was sie zum Anlass nehmen, besonders streng zu prüfen, ob hinter der Werbung auch Wahrheit steckt. Schon zu Zeiten der Sorge um das Ozon-Loch hat der OGH eine Haarspray-Werbung, die sich auf die Ozonschutzkonvention berief, ins Visier genommen: „Aussagen über die Natürlichkeit oder Umweltverträglichkeit eines Erzeugnisses sind in hohem Maße geeignet, den Kaufentschluss des Verbrauchers zu beeinflussen. So erwünscht aber solche Angaben sein können, wenn sie der Wahrheit entsprechen, so gefährlich ist es, wenn solche die Gefühlssphäre ansprechenden Hinweise oder Begriffe geeignet sind, den Verbraucher irrezuführen“. Daraus folgt: „Mit Umwelthinweisen darf nur geworben werden, wenn sie eindeutig belegt sind und eine Irreführung für die umworbenen Verbraucher ausgeschlossen ist. Soweit der Hinweis auf die Umweltfreundlichkeit eines Erzeugnisses missverstanden werden kann, ist der Werbende zu näheren Aufklärungen verpflichtet“.

Was fürs Ozon-Loch galt, gilt auch für den Klimaschutz – wie der OGH schon 2012 (Urteil vom 28.11.2012, 4Ob202/12b) zu einem als „klimaneutral“ beworbenen Produkt klarstellte und harte Anforderungen an die Beweislast entwickelte.  Dass die Klimaneutralität nur für einen Teil des Produkts nachweisbar ist, genügt demnach nicht. Maßgeblich ist nicht ein wohlmeinendes Verständnis für den Werbenden (a la „Wer nimmt denn Werbung schon für bare Münze?“), sondern wie ein durchschnittlich informierter und verständiger Interessent für das Produkt die strittige Ankündigung versteht, ob dieses Verständnis den Tatsachen entspricht und ob eine nach diesem Kriterium unrichtige Angabe geeignet ist, den Interessenten zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte.

Die Prüfschärfe des OGH nimmt – ebenso wie das wachsende Umweltbewusstsein – stetig zu: Dies belegt ein neueres Urteil des OGH (OGH 23.08.2018, 4Ob144/18g), das sich mit der Werbung für Handspülmittel in Plastikflaschen befasste. Auf den vertriebenen Flaschen befand sich ein Etikett, auf welchem eine im Meer schwimmende Flasche abgebildet war, sowie der Slogan „Ocean Bottle, Hergestellt mit 50% Plastikmüll aus dem Meer“. Die Flaschen bestanden zwar zu mehr als 50% aus recyceltem Plastik, welches an Stränden aufgesammelt wurde, es stand jedoch nicht fest, dass dieses Plastik tatsächlich aus dem Meer stammt. Der OGH stellte klar, dass auch Verbraucher die Werbung dahingehend verstünden, dass es sich bei dem recycelten Plastik um aus dem Meer angespülten Plastikmüll handle. Dies sei wettbewerbsrechtlich relevant, da gerade die Vermüllung der Meere mit Plastik ein Thema sei, dem an Umweltschutz interessierte Personen eine besondere Bedeutung zumäßen.

Womit bewiesen wäre: Die Welt zu retten, ist schwierig genug. Damit zu werben, ist fast noch schwieriger…

Für die Beantwortung weiterer Fragen zu diesem Thema stehen Ihnen unser Experte Willi Bergthaler und unsere Expertin Isabelle Krug aus dem Team Umwelt- und Technikrecht gerne zur Verfügung. 

Disclaimer

Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Die Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH übernimmt keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.

 

25. November 2021

 
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