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Wer trägt das Risiko bei Absage von Kulturveranstaltungen infolge behördlicher Anordnungen?


Aufgrund der Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 werden derzeit zahlreiche Veranstaltungen (Konzerte, Theatervorführungen, Sportveranstaltungen, Messen etc) abgesagt, Museen oder andere Kultureinrichtungen wurden geschlossen. Wer trägt in diesem Fall welche Konsequenzen? Ein Überblick.

Absage von Veranstaltungen aufgrund höherer Gewalt

Im Laufe der aktuellen COVID-19-Pandemie wurde zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 die Versammlungsfreiheit wiederholt eingeschränkt. Waren in der Vergangenheit noch Outdoor-Veranstaltungen und Indoor-Veranstaltungen mit unterschiedlich hohen Personenzahlen erlaubt, ist mittlerweile  der Besuch von Veranstaltungen (mit wenigen Ausnahmen, zu denen Kulturveranstaltungen mit Publikum nicht gehören) generell unzulässig. Aufgrund dessen wurden und werden zahlreiche Veranstaltungen verschoben oder abgesagt.

Recht auf Rückerstattung / welche Kosten hat der Veranstalter zu tragen?

Ganz allgemein beurteilt die herrschende Lehre den Kauf eines Tickets für ein kulturelles oder sportliches Ereignis als Abschluss eines Werkvertrags mit dem Veranstalter. Kann das Werk wegen eines Umstandes, der nicht auf Seite des Bestellers liegt, nicht erbracht werden, so entfällt der Entgeltanspruch des Unternehmers (§ 1168 ABGB). Der Werkunternehmer trägt also auch für Umstände aus „neutraler Sphäre“ (und damit auch für höhere Gewalt) die Werklohngefahr.

Im Falle von Absagen von Veranstaltungen aufgrund der Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus können daher gegen den Veranstalter Ansprüche auf Rückerstattung des Ticketpreises bestehen (die AK Wien bietet hier mittlerweile schon einen Musterbrief zur Ticketrückerstattung an). Schadenersatzansprüche für frustrierte Aufwendungen (zB Reisekosten, um zum Veranstaltungsort zu gelangen) werden wohl – mangels Verschulden des Veranstalters – nicht bestehen, sondern können allenfalls gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner geltend gemacht werden.

Ob eine Terminverschiebung akzeptiert bzw der Ticketpreis rückerstattet werden muss, hängt im Wesentlichen auch von den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen sowie den AGB ab. Zu prüfen ist hier, welche (zulässigen) Regelungen für den Fall des Unterbleibens der Veranstaltung aufgrund höherer Gewalt getroffen wurden, da sich viele Unternehmer gegenüber ihren Vertragspartnern für nicht in ihrem Einflussbereich gelegene Risiken, die die Erbringung der versprochenen Leistung verhindern könnten, absichern möchten.

Hinsichtlich Haftungsausschlüssen / Änderung der Gefahrtragungsregeln ist allerdings im Verbrauchergeschäft zu beachten, dass gemäß § 9 KSchG Gewährleistungsrechte des Verbrauchers vor Kenntnis des Mangels nicht wirksam ausgeschlossen oder eingeschränkt werden können. In der Literatur wird – um eine Umgehung dieser Vorschrift zu verhindern – daher die Ansicht vertreten, dass auch die Gefahrtragungsregeln nicht zulasten des Verbrauchers abgeändert werden dürfen, und er daher die Gefahr erst ab Übergabe zu tragen hat. Dies gilt sowohl für Regelungen in AGB als auch für Einzelvereinbarungen. Ein Ausschluss des Rückerstattungsanspruches im Falle der Absage der Veranstaltung aufgrund höherer Gewalt ist daher im Verbraucherbereich nicht wirksam.

Gutscheinregelung für Kultur- und Sportveranstaltungen durch das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz, kurz KuKuSpoSiG

Nach dem KuKuSpoSiG müssen Entgelte für Eintrittskarten oder Teilnehmerentgelte bis zu einem Wert von EUR 70,– vorläufig nicht rückerstattet werden.

Konkret erhalten Kultur- und Sportveranstalter die Möglichkeit, sich durch die Ausgabe eines Gutscheins vorübergehend von einer Rückzahlungspflicht zu befreien. Die stattdessen ausgegebenen Gutscheine sollen zu einem späteren Zeitpunkt – auch für andere Veranstaltungen des gleichen Veranstalters – einlösbar sein und können auch übertragen werden. Die Regelung gilt allerdings nur für Tickets und Teilnahmegebühren bis EUR 70,–; hat ein Ticket mehr gekostet, haben die Besucher, ergänzend zum Gutschein, ein Recht auf eine Barerstattung des Differenzbetrags, maximal jedoch auf EUR 180,–. Hat der Inhaber des Gutscheins diesen nicht bis zum Ablauf des 31.12.2022 eingelöst, so hat ihm der Veranstalter den Wert des Gutscheins auf Anforderung unverzüglich auszuzahlen.

Für die Beantwortung weiterer Fragen zu diesem Thema stehen unsere ExpertInnen Ihnen gerne telefonisch oder unter akut@hnp.at zur Verfügung.

Disclaimer:

Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Haslinger / Nagele übernimmt keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.
 
(Stand: 27.04.2021, 19:00 Uhr)
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