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Die Schwachstellen der Wiener Registrierungsverordnung


Der Vergleich mit Niederösterreich lässt an der Verhältnismäßigkeit der Regeln für die Gastronomie in der Bundeshauptstadt zweifeln.

Eine bundesweit einheitliche Regelung, die die Registrierung von Gästen auf freiwilliger Basis vorsah, scheiterte augenscheinlich an der Vielzahl negativer Stellungnahmen zur Zweckmäßigkeit einer solchen Vorgehensweise. Nun gehen die Länder beziehungsweise Bezirke eigene Wege.

Den Anfang machte die Bundeshauptstadt, seit Montag ist nun auch in 14 niederösterreichischen Bezirken beziehungsweise Statutarstädten (Städte, die selbst Bezirksverwaltungsbehörde sind) eine verpflichtende Registrierung der Gäste von Betriebsstätten vorgesehen. Voraussetzung dafür: Die Corona-Infektionszahlen müssen entsprechend hoch sein.

In Oberösterreich findet eine Gästeregistrierung derzeit ausschließlich auf freiwilliger Basis statt. Eine entsprechende Regelung wurde aber nicht erlassen. In St. Anton am Arlberg läuft momentan eine testweise Registrierung. Weitere Bundesländer, etwa Kärnten, ziehen die Einführung einer Regelung in Betracht. Andere Bundesländer, etwa Salzburg oder Tirol, sehen (bislang) von einer Registrierung der Gäste aufgrund rechtlicher Bedenken ab.

Dürfen Gäste denn registriert werden?

Grundsätzlich spricht nichts gegen eine Registrierung von Gästen, sofern diese dazu dient, die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern beziehungsweise einzudämmen. Sie darf allerdings nicht die (Grund-)Rechte jener Personen verletzen, deren personenbezogene Daten verarbeitet werden. Dabei stellt sich vor allem die Frage, ob eine solche Maßnahme verhältnismäßig ist, insbesondere zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich ist. Ob die Registrierung von Gästen sinnvoll beziehungsweise zielführend ist, ist zwar primär nach epidemiologischen Gesichtspunkten zu beurteilen. Dennoch geben vor allem die nun in Kraft stehenden Verordnungen in Niederösterreich Anlass dafür, an der Verhältnismäßigkeit der derzeit für die Bundeshauptstadt geltenden Verordnung zu zweifeln.

Starrer oder flexibler Charakter der Gästeregistrierung

In Wien ist die verpflichtende Registrierung der Gäste bis Jahresende verordnet. Gestützt wird diese zudem nicht auf das Covid-19-Maßnahmengesetz, sondern auf das Epidemiegesetz, das eine solche Anordnung nicht trägt. In Betriebsstätten in Niederösterreich sollen Gäste nur dann verpflichtend registriert werden, wenn die Corona-Kommission in der Vorwoche zumindest ein hohes Risiko für den jeweiligen Bezirk beziehungsweise die Statutarstadt ausgewiesen hat. Aus diesem Grund wurden bislang in jenen 14 Gebieten gleichlautende Regelungen erlassen, in welchen die Corona-Ampel (zumindest) auf Orange gestellt war. Das bedeutet, dass die Verordnung selbstständig – ab dem der Veröffentlichung der Empfehlung der Corona-Kommission folgenden Montag – wieder außer Kraft tritt, wenn die Corona-Kommission den jeweiligen Bezirk zumindest wieder auf Gelb stellt. Die Registrierung wird damit zumindest an die allgemeine, für den jeweiligen Bezirk geltende epidemiologische Gefahreneinschätzung der Corona-Kommission gebunden.

Registrierung etwa auch beim Würstelstand ohne Tischnummer?

In Wien werden Gastronomen, unabhängig von deren Größe, Betriebsform oder der Verweildauer ihrer Gäste, zur Registrierung dieser verpflichtet. Zwar ist in der von der Stadt Wien zu dieser Verordnung erteilten Information zu lesen, dass Würstelstände nicht erfasst sein sollen, die Verordnung bildet eine solche Ausnahme dennoch nicht ab. Daran ändert auch nichts, dass die Tischnummer festzuhalten ist, die es bei Würstelständen naturgemäß nicht gibt. Würstelstandbetreiber können sich daher in einem möglichen Verfahren gegen sie wegen mangelnder Registrierung ihrer Gäste nicht darauf verlassen, nicht bestraft zu werden.

In den niederösterreichischen Bezirken beziehungsweise Statutarstädten wird hingegen ganz offenkundig nach Ansteckungsrisiko eine Registrierungspflicht für Gäste nur in geschlossenen Räumen angeordnet. Eine Registrierung ist in geschlossenen Räumen zudem dann nicht vorzunehmen, wenn Gäste Essen, Getränke und Tabakwaren bloß abholen, diese geliefert werden oder nur die Sanitärräume der Betriebsstätte benutzt werden.

Darf Wien nun anders sein?

Mangels Unterscheidung nach Bezirken ist derzeit die gesamte Bundeshauptstadt nach der Corona-Ampel auf Orange gestellt. Unter diesem Aspekt ist die Registrierung von Gästen daher für sich genommen nicht zwingend abzulehnen. Allerdings zeigt sich schon im Vergleich mit den Bestimmungen für die niederösterreichischen Gebiete, dass es jedenfalls weniger invasive Regelungen zur Eindämmung des Coronavirus gibt. Gerade solche sind allerdings für einen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz, welches hierfür einen besonders strengen Maßstab anlegt, zwingend vorzusehen. Es erlaubt nur solche Maßnahmen, die zur Erreichung des Ziels unbedingt im Sinn einer Ultima Ratio erforderlich sind.

Hinweis: Dieser Beitrag erschien am 08.10.2020 in der Tageszeitung Der Standard und wurde von Thomas Riesz verfasst.

Für die Beantwortung weiterer Fragen rund um dieses Thema stehen unsere ExpertInnen Ihnen gerne telefonisch oder unter akut@hnp.at zur Verfügung.

Disclaimer:

Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Haslinger / Nagele übernimmt keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.

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