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Die Verletzung von Anmeldepflichten und frühzeitige Implementierung von Unternehmenszusammenschlüssen rückte in den letzten Jahren stärker in den Fokus der Wettbewerbsbehörden. Aktuelle Entscheidungen europäischer wie nationaler Behörden liefern Hinweise zur Verortung der sinnbildlichen „roten Linie“ zwischen zulässigen Vorbereitungs- und unzulässigen Implementierungsmaßnahmen. Dennoch verbleiben Graubereiche, die Unternehmen wie Berater gleichermaßen vor Herausforderungen stellen.
Zusammenschlüsse von Unternehmen, die bestimmte (meist umsatz-, seltener auch marktanteilsbezogene) Schwellenwerte erreichen, unterliegen in zahlreichen Staaten einer wettbewerbsrechtlichen ex ante-Kontrolle: Bis zur Erteilung der Genehmigung oder Nichtuntersagung durch die zuständige Wettbewerbsbehörde darf der Zusammenschluss nicht „vollzogen“ bzw „durchgeführt“ werden (Art 7 Abs 1 FKVO, § 17 Abs 1 KartG 2005). Bei Verstößen drohen empfindliche Geldbußen (bis zu 10 % des Gesamtumsatzes der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen) sowie sogar die Nichtigkeit des Zusammenschlusses (wobei diese Sanktion aufgrund praktischer Schwierigkeiten bei der Trennung bereits verbundener Vermögenswerte oder ausgetauschter Informationen ungewöhnlich ist).
In Fachkreisen wird die Verletzung des zusammenschlussrechtlichen Vollzugs- bzw Durchführungsverbots häufig als „Gun Jumping“ bezeichnet, was – dem Sportjargon entlehnt – soviel wie „Frühstart“ bedeutet.
Dem Vollzugs- bzw Durchführungsverbot zuwiderlaufende Rechtsgeschäfte sind bis zur Genehmigung des Zusammenschlusses schwebend unwirksam. In Übernahmevereinbarungen werden deshalb in der Praxis regelmäßig sogenannte „Closing Conditions“ aufgenommen, mithilfe derer die Übernahme unter anderem von der wettbewerbsbehördlichen Genehmigung oder Nichtuntersagung abhängig gemacht werden soll.
Nun ist aber anerkannt, dass bestimmte Zusagen, wie beispielsweise Fortführungs- oder Konsultationsverpflichtungen, ihre Wirksamkeit bereits vor dem „Closing“ entfalten sollen, um den Wert der Zielgesellschaft bis zur Übernahme zu sichern. Wo die rote Linie zur vorzeitigen Durchführung verläuft, ist noch nicht restlos geklärt.
Sowohl auf nationaler als auch europäischer Ebene sind zuletzt mehrere Entscheidungen ergangen, in denen das Phänomen des „Gun Jumping“ näher beleuchtet wurde. Jüngst fand zu diesem Thema auch ein OECD Round-Table statt, in dem die Europäische Union ihren Standpunkt unter Bezugnahme auf ausgewählte Entscheidungen des EuGH und der Europäischen Kommission etwas näher erläuterte. Leitlinien, die nach wie vor offene Fragen zu „Graubereichen“ behandeln, wurden bislang allerdings weder von der Europäischen Kommission noch von der Bundeswettbewerbsbehörde veröffentlicht.
Nachstehend daher ein kurzer Überblick über die aktuelle Fallpraxis der Behörden:
Die rote Linie zwischen zulässigen und unzulässigen Maßnahmen verläuft dort, wo das für die Werterhaltung der Zielgesellschaft zwingend erforderliche Maß überschritten und dem Erwerber die Möglichkeit eingeräumt wird, bereits vor Freigabe oder Nichtuntersagung des Zusammenschlusses bestimmenden Einfluss auf die Zielgesellschaft auszuüben. Zwar enthalten die angeführten Entscheidungen wesentliche weitere Klarstellungen – diese wurden jedoch stets vor dem Hintergrund des jeweils zu prüfenden Einzelfalls getroffen und bestehen in der Praxis nach wie vor einige offene Fragen zu „Graubereichen“, sodass Klauseln, in denen sich die Parteien schon vor „Closing“ zu bestimmten Verhaltensweisen verpflichten – dies betrifft auch den Austausch von Informationen, wie er mit Übernahmen üblicherweise einhergeht –, stets einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden sollten.
Mehr zum Thema erfahren Sie von unserem Team Kartell- und Beihilfenrecht.
5. März 2019