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Die Verbringung von Abfällen spielt in der Praxis eine signifikante Rolle. Die bisher geltende EG-VerbringungsV ([EG] 1013/2006) ist in die Jahre gekommen, sodass eine umfassende Neuregelung hinsichtlich der Verbringung von Abfällen notwendig ist. Die aktuell geltende EG-VerbringungsV wird nach einer zweijährigen Übergangsperiode (fast) vollständig von der EU-VerbringungsV ([EU] 1157/2024) ersetzt werden.
Bereits jetzt sind Teile der EU-VerbringungsV in Geltung. Diese beschränken sich jedoch im Wesentlichen auf zahlreiche Ermächtigungsbestimmungen der Kommission zur weiteren Konkretisierung der Verordnung.
Die neue Verordnung zielt insbesondere darauf ab, durch eine Verbesserung der Effizienz der Ressourcennutzung die Kreislaufwirtschaft innerhalb der EU zu fördern und gleichzeitig die umweltgerechte Abfallbewirtschaftung in Drittstatten zu erleichtern:
Um die Verwertung von Abfällen im Einklang mit der Abfallhierarchie zu fördern, wurde die – bisher notifizierungspflichtige, aber gestattete – Verbringung von zur Beseitigung bestimmten Abfällen innerhalb der EU weiter erschwert. Eine innereuropäische Verbringung von zur Beseitigung bestimmten Abfällen wird künftig nur in Ausnahmefällen möglich sein, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Der Notifizierende hat nun nachzuweisen, dass eine Verwertung nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist und, dass die geplante Verbringung mit den Grundsätzen der Entsorgungsautarkie im Einklang steht.
Durch die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung sämtlicher Unterlagen zu grenzüberschreitenden Verbringungen von grün gelisteten sowie notifizierungspflichtigen Abfällen der gelben Liste mithilfe eines speziell dafür von der Kommission bereitgestellten zentralen IT-Systems soll der Austausch von Informationen ab 21.05.2026 im Sinne eines effizienten Verfahrens erleichtert werden.
Um die umweltgerechte Bewirtschaftung von Abfällen auch außerhalb der Union sicherzustellen, haben auch die Bestimmungen über den Export aus dem Gemeinschaftsgebiet Nachbesserungen erfahren.
Bei Verbringungen aus dem Gemeinschaftsgebiet ist die umweltgerechte Abfallbewirtschaftung nachzuweisen. Zum Zwecke des von dem Abfall exportierenden innergemeinschaftlichen Unternehmens zu erbringenden Nachweises sind abfallverwertende Anlagen künftig regelmäßig einem Audit durch einen unabhängigen/externen und dazu qualifizierten Dritten zu unterziehen. Die Ergebnisse dieser Audits sind sodann von der Kommission in einem Register zu veröffentlichen.
Während der Export nicht gefährlicher Abfälle der grünen Liste sowie notifizierungspflichtiger Abfälle der gelben Liste zur Verwertung in OECD-Staaten weiterhin grundsätzlich erlaubt sein wird, sollen exportierte Abfälle stärker überwacht werden. Zu diesem Zweck wurde der Kommission, die mit der Überwachung der umweltgerechten Abfallbewirtschaftung beauftragt wurde, auch die Möglichkeit eingeräumt, den Export bestimmter Abfälle mittels Delegiertem Rechtsakt zu unterbinden.
Das Notifizierungsverfahren für den Export von nicht gefährlichen Abfällen der gelben Liste hat mit der gegenständlichen Novellierung darüber hinaus einige Änderungen erfahren. So sind etwa die Notifizierungsunterlagen ab dem 21.05.2026 nicht nur am Versandort, sondern auch bei den Behörden des Bestimmungsortes sowie den gegebenenfalls beteiligten Behörden der Transitstaaten einzureichen.
Mit der neuen Verordnung kommt es insbesondere auch zu einer Verschärfung der Vorschriften für die Ausfuhr nicht-gefährlicher Abfälle in Nicht-OECD Staaten. Eine Verbringung nicht gefährlicher Abfälle ist nur dann möglich, wenn die Staaten ihre explizite Zustimmung geben, und darüber hinaus bestimmte vorgegebene Kriterien für eine umweltgerechte Behandlung der Abfälle erfüllen.
Nach erfolgtem Nachweis der umweltgerechten Abfallverwertung können sie auf eine von der Kommission erstellten neuen Staatenliste angeführt werden. Für nicht gefährliche Abfälle mit persistenten organischen Schadstoffen (POP) gilt künftig – wie bisher schon bei gefährlichen Abfällen – ein Verbringungsverbot.
Als Besonderheit ist auch das Verbot der Ausfuhr von zur Verwertung bestimmten nicht-gefährlichen Kunststoffabfällen (SN B3011) in Nicht-OECD Staaten ab 21.11.2026 hervorzuheben. Frühestens ab 21.05.2029 können sich potenzielle Empfangsstaaten per Antrag und unter Nachweis der Einhaltung strenger Abfallbewirtschaftungsstandards bei der Kommission bereit erklären, Kunststoffabfälle zu importieren und umweltgerecht zu verwerten.
Eine wesentliche Zielsetzung der neuen Verordnung ist es auch, sicherzustellen, dass besser gegen die illegale Verbringung von Abfällen vorgegangen werden kann. In diesem Sinne haben die Mitgliedstaaten effektive Kooperationsmechanismen einzurichten und den Austausch relevanter Information zu gewährleisten. Im Zuge der jährlichen Berichterstattung müssen die Mitgliedstaaten der Kommission daher insbesondere auch zum Zwecke der Transparenz Daten über die Bekämpfung von illegalen Verbringungen und Kontrollen liefern.
Darüber hinaus sind die Mitgliedstaaten verpflichtet wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Strafen für Verstöße gegen die Bestimmungen der Verordnung festzulegen, sodass die Einhaltung der Regelungen zur Abfallverbringung gewährleistet werden kann. Um die nationalen Vorschriften über Sanktionen in der Union anzugleichen haben die Mitgliedstaaten zumindest sicherzustellen, dass die illegale Verbringung von Abfällen im Einklang mit den Bestimmungen der, der sogenannten Environmental Crime Directive[1] eine Straftat darstellt.
In Ergänzung der nationalen Durchsetzungsmechanismen wird auch die Kommission in Verdachtsfällen illegaler Abfallverbringungen künftig Inspektionen durchführen können. Darüber hinaus wurde bereits mit 20.05.2024 eine sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzende Durchsetzungsgruppe für Abfallverbringung die Zusammenarbeit der einzelnen Mitgliedstaaten bei der Aufdeckung und Verhinderung von illegalen Verbringungen verbessern.
Mit der gegenständlichen Novelle der Verbringungsverordnung wurde das bestehende Regelwerk zur grenzüberschreitenden Abfallverbringung grundlegend überarbeitet und modernisiert. Neben der Förderung der Kreislaufwirtschaft innerhalb des Gemeinschaftsgebiets soll mithilfe zahlreicher punktueller Verschärfungen auch die umweltgerechte Abfallbewirtschaftung von Abfällen im EU-Ausland gefördert werden.
Während die neuen Vorschriften strukturierter und eindeutiger formuliert sind, bedarf es nichtsdestotrotz weiterer Konkretisierungen durch die Kommission. Auch wenn dies zur Unübersichtlichkeit der Rechtslage beitragen wird, so ermöglichen die zahlreiche Ermächtigungsbestimmungen der Kommission bereits jetzt die notwendigen Schritte effektiv und praxisbezogen zu setzen.
Es bleibt abzuwarten, ob die neue EU-VerbringungsV die Kreislaufwirtschaft in Europa tatsächlich beschleunigen und illegale Verbringung verhindern wird.
Dieser Beitrag wurde von Xaver Meusburger und Julius Spieldiener verfasst. Gerne steht Ihnen unsere Branchen-Expert:innen aus dem Bereich Umweltrecht für weitere Fragen zu diesem Thema zur Verfügung.
Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Die Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH übernimmt keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.
[1] Richtlinie 2008/99/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt, Amtsblatt der Europäischen Union L 328 vom 6.12.2008.
1. Juli 2024