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Barrierefrei in die Zukunft: Neue Pflichten ab 2025


Autorinnen: Lisa-Martina Köberl und Fabian Blumberger

Am 28. Juni 2025 tritt das neue Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) in Kraft. Mit diesem Gesetz setzt Österreich die Vorgaben der europäischen Barrierefreiheitsrichtlinie (RL [EU] 2019/882) in nationales Recht um. Ziel ist es, den Zugang zu bestimmten Produkten und Dienstleistungen für Menschen mit Beeinträchtigungen zu verbessern.

1. Welche Produkte und Dienstleistungen sind vom BaFG umfasst?

Das BaFG verpflichtet private Wirtschaftsakteure zur Einhaltung von Barrierefreiheitsanforderungen in bestimmten Bereichen der Wirtschaft. Konkret betrifft es Produkte sowie Dienstleistungen, die oft für den täglichen Gebrauch bestimmt sind. Dazu zählen ua:

  • Computer, Selbstbedienungsterminals (Geldautomaten, Fahrkartenautomaten), Mobiltelefone, und interaktive Fernseher;
  • Internet- und Videotelefonie, Online-Messengerdienste, Apps und Websites von Personenverkehrsdiensten, Bankdienstleistungen, sowie den gesamten B2C-Onlinehandel.

2. Welche Websites müssen barrierefrei sein?

Sobald über eine Website gebucht, bezahlt oder angefragt werden kann, kommt das BaFG grundsätzlich zum Tragen. Das betrifft daher Online-Shops, Reisebuchungsplattformen, Terminbuchungstools, Kontaktformulare und Websites für digitale Mitgliedschaften oder Abonnements. B2B-Websites und reine Info-Websites zur Präsentation von Produkten/Dienstleistungen fallen daher nicht unter das BaFG und müssen nicht barrierefrei gestaltet werden. Darüber hinaus gilt das BaFG nicht für Websites und Apps, die aufgezeichnete Medien oder Dateiformate vor dem 28. Juni 2025, Online-Karten, Drittinhalte ohne Kontrolle des Wirtschaftsakteurs oder Themen, die nach dem 28. Juni 2025 weder aktualisiert noch überarbeitet werden, beinhalten.

3. Wer ist vom BaFG betroffen?

Das BaFG richtet sich an Hersteller, Bevollmächtigte, Importeure, Händler und Dienstleistungserbringer, die Produkte und Dienstleistungen in den oben genannten Bereichen anbieten. Ausgenommen sind Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeiter:innen und unter EUR 2 Mio Jahresumsatz (sofern diese keine digitalen Dienstleistungen anbieten), sowie Fälle, in denen die Einhaltung der Barrierefreiheitsanforderungen eine grundlegende Veränderung des Wesens des Produkts oder der Dienstleistung bewirken oder zu einer unverhältnismäßigen Belastung für die betroffenen Wirtschaftsakteure führen würde.

4. Barrierefreiheitsanforderungen

Produkte und Dienstleistungen müssen so gestaltet sein, dass sie für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Dies bedeutet, dass eine Wahrnehmung immer über mindestens zwei Sinne möglich sein muss.

Das BaFG wird daher insbesondere auf die Gestaltung von Websites wesentliche Auswirkungen haben. So müssen Inhalte für Menschen mit Beeinträchtigungen (insbesondere auch für blinde und sehbeeinträchtigte oder motorisch eingeschränkte Personen) zugänglich sein, was etwa durch klar strukturierte Texte, Alternativtexte für Bilder, Untertitel und Transkripte für audiovisuelle Inhalte oder die Kompatibilität mit Screenreadern zu gewährleisten ist.  

Die konkreten Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen werden in der Anlage I des BaFG angeführt. Die Barrierefreiheitsanforderungen im elektronischen Geschäftsverkehr, insbesondere im Onlinehandel, folgen der harmonisierten Norm EN 301 549 und den internationalen Guidelines WCAG 2.1.

5. Sanktionen

Das Sozialministerium wird künftig eine strenge Marktüberwachung durchführen, um sicherzustellen, dass alle betroffenen Produkte und Dienstleistungen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Bei Verstößen drohen Sanktionen, die von Verwarnungen und Korrekturmaßnahmen bis hin zu empfindlichen Bußgeldern von bis zu EUR 80.000,– reichen können.

6. Übergangsbestimmungen

Das BaFG gilt für grundsätzlich Produkte und Dienstleistungen, die nach dem 28. Juni 2025 in Verkehr gebracht bzw für Verbraucher erbracht werden. Dementsprechend müssen beispielsweise Websites mit diesem Datum barrierefrei sein.

Dienstleister dürfen jedoch ihre Dienste bis zum 28. Juni 2030 weiterhin mit Produkten anbieten, die sie bereits vor 28. Juni 2025 genutzt haben. Dienstleistungsverträge, die vor dem 28. Juni 2025 abgeschlossen wurden, können bis zu ihrem Ablauf fortgeführt werden, jedoch nicht länger als fünf Jahre. Bis dahin müssen die Vertragsparteien entscheiden, ob sie ihre bestehenden Verträge an die neuen Barrierefreiheitsanforderungen des BaFG anpassen oder diese beenden. Außerdem dürfen vor dem 28. Juni 2025 eingesetzte Selbstbedienungsterminals bis 28. Juni 2040, maximal aber bis 20 Jahre nach der ersten Ingebrauchnahme, verwendet werden.

7. Fazit

Das BaFG bringt verbindliche Standards für barrierefreie Produkte und Dienstleistungen. Barrierefreiheit ist dabei nicht nur Pflicht, sondern auch Chance für mehr Nutzerfreundlichkeit, Inklusion und Marktzugang. Unternehmen sollten sich daher frühzeitig mit den Anforderungen auseinandersetzen und ihre Angebote entsprechend anpassen.

Gerne stehen Fabian Blumberger und Markus Gaderer für weitere Fragen zu diesem Thema zur Verfügung.

Disclaimer

Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Die Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH übernimmt keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.

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Autor:innen

KoeberlLisaMartina_HaslingerNagele

Lisa-Martina Köberl

Juristische Mitarbeiterin
 

5. Mai 2025

 
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