COVID-19
Antworten auf dringende Rechtsfragen
Die COVID-19-Pandemie stellt viele Unternehmen und UnternehmerInnen vor große Herausforderungen. Wie ist angesichts angeordneter Versammlungsverbote mit General- und Hauptversammlungen zu verfahren? Wie wirkt sich der eingeschränkte Betrieb der Gerichte auf firmenbuchrechtliche Angelegenheiten aus? Nachstehend finden Sie Antworten zu den am häufigsten gestellten Fragen:
Am 20.03.2020 wurde vom Nationalrat das gesellschaftsrechtliche COVID-19-Gesetz (COVID-19-GesG) beschlossen. In diesem wurden Erleichterungen für die Abhaltung von Hauptversammlungen, Generalversammlungen und Aufsichtsratssitzungen vorgesehen. Diese bis zum 31. Dezember 2020 geltenden Maßnahmen wurden in den nachfolgenden Ausführungen bereits berücksichtigt:
Gemäß § 2 COVID-19-GesG hat die ordentliche Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft nunmehr abweichend von § 104 Abs 1 AktG innerhalb von zwölf Monaten nach Ende des Geschäftsjahres stattzufinden. Damit wird die bisher gültige First zur Abhaltung der ordentlichen Hauptversammlung von acht auf zwölf Monate erweitert. Wenn das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, hat daher spätestens Ende Dezember die ordentliche Hauptversammlung stattzufinden. . Es empfiehlt sich daher, die aktuelle Situation abzuwarten und die Hauptversammlung erst dann einzuberufen, wenn die aktuelle Lage besser abgeschätzt werden kann. Wenn die aktuelle Situation länger anhalten sollte und die Abhaltung (unter Beachtung der Einberufungsfristen) innerhalb des 12-Monats-Zeitraums nicht möglich ist, ist zu prüfen, ob eine Verlegung außerhalb dieses 12-Monats-Zeitraums gerechtfertigt ist. Dies hängt dann immer vom konkreten Fall und den jeweiligen Reisebeschränkungen ab (und ist tendenziell zu bejahen).
Eine Verschiebung der Hauptversammlung muss sachlich begründet sein. Die aktuelle Situation stellt aus unserer Sicht einen solchen sachlichen Grund dar: Es besteht die Gefahr einer Ansteckung der Teilnehmer mit dem Coronavirus (COVID-19), es gibt derzeit schon viele Reisebeschränkungen. Zeitnahe Erleichterungen sind nicht absehbar, Verschärfungen können nicht ausgeschlossen werden.
Für die Abberufung ist grundsätzlich derjenige zuständig, der die Versammlung einberufen hat. Im Falle der Aktiengesellschaft also zumeist der Vorstand, gegebenenfalls aber auch der Aufsichtsrat.
Wenn dennoch eine Hauptversammlung unausweichlich ist, ist zum Schutz aller Teilnehmer auf entsprechende Hygienemaßnahmen zu achten und ein entsprechender körperlicher Abstand zwischen den Teilnehmern (etwa bei der Bestuhlung) sicherzustellen.
Weiters ist im Sinne eines Krisenmanagements darauf zu achten, dass bei Ausfällen von einzelnen Personen Reservebesetzungen sichergestellt sind (zB Notar). Auch ist es zweckmäßig, wenn ein Arzt anwesend sein kann.
Für die Abhaltung einer Hauptversammlung wird aber auch durch die neue Regelung des § 1 COVID-19-GesG Abhilfe geschaffen: Diese Bestimmung sieht vor, dass für die Dauer von Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 nach dem COVID-19-Maßnahmengesetz, BGBl. I Nr. 13/2020, getroffen werden, Versammlungen von Gesellschaftern und Organmitgliedern einer Kapitalgesellschaft, einer Personengesellschaft, einer Genossenschaft, einer Privatstiftung oder eines Vereins auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer durchgeführt werden können. Nähere Regelungen für die Durchführung der genannten Versammlungen werden noch durch Verordnung der Bundesministerin für Justiz bestimmt werden.
Aufgrund dieser neuen Regelung des § 1 COVID-19-GesG ist es daher nunmehr möglich, auch per Videokonferenz eine Hauptversammlung abzuhalten. Einer ausdrücklichen Ermächtigung in der Satzung der AG bedarf hierfür nicht mehr.
Es gilt grundsätzlich sinngemäß Gleiches wie bei der Hauptversammlung, allerdings sind einige Besonderheiten zu beachten:
– Die Generalversammlung darf grundsätzlich nicht zu einem Zeitpunkt angesetzt werden, an dem bekanntermaßen Gesellschafter nicht anwesend sein werden. Die Verpflichtung, bei Wahl des Ortes und Termins auf die Interessen der Gesellschafter Bedacht zu nehmen, folgt aus der allgemeinen Treuepflicht. Reisebeschränkungen spielen in diesem Zusammenhang daher eine wichtige Rolle. Aber auch bei Generalversammlungen ist der vorgenannte § 1 COVID-19-GesG zu beachten: Nach dieser Bestimmung kann eine Generalversammlung für die Dauer der Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen werden, auch ohne physische Anwesenheit der Teilnehmer, daher per Videokonferenz, durchgeführt werden.
– Die Willensbildung unter den Gesellschaftern kann in verschiedenen Formen erfolgen:
Auch hier sind Videokonferenzen / Telefonkonferenzen aufgrund der neuen Bestimmung des § 1 COVID-19-GesG möglich, sinnvoll und zweckmäßig. Weiters ist zu beachten, dass der Vorstand / die Geschäftsführung den Aufsichtsrat unverzüglich bei wichtigem Anlass zu informieren hat, etwa bei Umständen, die für die Rentabilität oder Liquidität der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung sind. Dies wird bei vielen Unternehmen in der derzeitigen Situation zutreffen.
Aus heutiger Sicht ist mit Verzögerungen auch im Justizbereich zu rechnen. Manche Firmenbuchanmeldungen gelten erst mit Eintragung im Firmenbuch (sind also konstitutiv), manche angemeldeten Vorgänge entfalten ihre Wirksamkeit bereits mit Beschluss durch die Gesellschafter (deklarative Eintragungen).
Aber Achtung:
Grundsätzlich sind nur Gesellschafter, die im Firmenbuch eingetragen sind, auch stimmberechtigt.
Es ist aber möglich, dass die Gesellschaft, noch bevor ein neuer Gesellschafter ins Firmenbuch eingetragen ist, dem neuen Gesellschafter sein Stimmrecht in der Generalversammlung gewährt, jedenfalls wenn die Anteilsübertragung zweifelsfrei rechtswirksam erfolgt ist. Dies wird eine Rolle spielen, wenn es zu längeren Verzögerungen bei den Firmenbucheintragungen kommen sollte.
Weiters gilt auch der Gutglaubensschutz: Dritte können sich darauf verlassen, dass das, was im Firmenbuch eingetragen ist, auch richtig ist. Kommt es daher zB zu einer Abberufung eines Geschäftsführers und ist dies noch nicht im Firmenbuch eingetragen, könnte dieser beispielsweise noch wirksam zulasten der Gesellschaft Verträge abschließen. Dieser Geschäftsführer wäre aber dann einem Schadenersatzanspruch ausgesetzt.
Für die Beantwortung weiterer Fragen zu diesem Thema stehen unsere ExpertInnen Ihnen gerne telefonisch oder unter akut@hnp.at zur Verfügung.