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Kerstin Holzinger bezog zur aktuellen EuGH-Entscheidung „Gate 2“ auf dem Vergaberechts-Blog auftrag.at Stellung.
Die Entscheidung des EuGH (C-537/19) behandelt die Frage, ob die Stadt Wien bei Abschluss eines langfristigen Mietvertrags über die Gate-2- Immobilie durch Wiener Wohnen gegen das geltende EU-Vergaberecht verstoßen hat.
Die Europäische Kommission hatte zuvor gegen Österreich ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, in dem sie Österreich beschuldigt, eine Direktvergabe ohne wettbewerbliches Vergabeverfahren und Auftragsbekanntmachung durchgeführt zu haben.
Laut Kommission wäre das Gebäude erst nach Unterzeichnung des Mietvertrages durch Wiener Wohnen errichtet und somit nach den Bedürfnissen von Wiener Wohnen gestaltet worden.
Vereinfacht gesagt habe Wiener Wohnen den Mietvertrag unterschrieben und sich anschließend das Bürogebäude nach ihren Vorstellungen und Wünschen errichten lassen. Zudem habe es dessen Ausführung kontrolliert. Demnach wäre Wiener Wohnen der Bauherrin dieses Bürogebäudes gewesen. Dieses Vorgehen führe grundsätzlich zu einem ausschreibepflichtigen Bauauftrag. Dennoch habe Wiener Wohnen den Vertrag mit der damaligen Grundstückeigentümerin, ohne vorherige Ausschreibung und ohne öffentliche Bekanntmachung, geschlossen. Damit habe sie gegen EU-Vergaberecht verstoßen. So der Vorwurf der Europäischen Kommission.
Der EuGH hat demgegenüber entschieden, dass die Republik Österreich (bzw die Stadt Wien) nicht gegen die Vergaberichtlinie verstoßen hat und wies das von der Europäischen Kommission gegen Österreich geführte Vertragsverletzungsverfahren ab.
Die Begründung lautete, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass Wiener Wohnen einen entscheidenden Einfluss auf die Planung des Bürogebäudes ausgeübt habe.
Kerstin Holzinger hält die Entscheidung des EuGH für sehr bemerkenswert, da sie eine sehr genaue Leitlinie dafür vorgibt, wann ein „entscheidender Einfluss“ eines öffentlichen Auftraggebers auf die Errichtung eines Bauwerks anzunehmen ist.
Zu den Vorwürfen der Europäischen Kommission, welche eine Einflussnahme von Wiener Wohnen vorgeworfen habe, äußerte der EuGH, dass die Errichtung des Bürogebäudes schon vor Beteiligung von Wiener Wohnen optional geplant gewesen war.
Durch diese Entscheidung, hat der EuGH eine recht genaue Anleitung gegeben, was zwischen einem privaten Unternehmer als Mieter und einem öffentlichen Auftraggeber in einem Mietvertrag vereinbart werden darf, ohne dass bei Vertragsabschluss die Gefahr besteht, dass ein bekanntmachungspflichtiges Vorhaben entsteht.
„Insoweit bringt das vorliegende Urteil sicher ein Stück weit Rechtssicherheit für die häufig gestellte Frage, wie weit öffentliche Auftraggeber in Mietverträgen Einfluss auf die (Um-) Gestaltung des Mietobjektes nehmen dürfen, ohne mit dem Vergaberecht in Konflikt zu geraten“, so Holzinger.
Eine Kurzfassung der EuGH-Entscheidung in der Rs C-537/19 sowie die Bewertung von Frau Kerstin Holzinger können Sie hier nachlesen.
1. Mai 2021