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Passend zum Ende der Urlaubssaison stellt sich die Frage, welche Pflichten den Arbeitgeber:innen hinsichtlich eines verbleibenden Resturlaubsanspruchs auferlegt werden. Dabei zeigt eine rezente Entscheidung des OGH zum GZ 8 ObA 23/23z, wie wichtig es ist, den Überblick über die Urlaubsansprüche der Mitarbeiter:innen zu behalten und diese zu einem sukzessiven Abbau zu animieren.
Gemäß der Arbeitszeitrichtlinie der EU (RL 2003/88/EG) steht jedem/er Arbeitnehmer:in ein bezahlter Mindestjahresurlaub von vier Wochen zu. Das österreichische Arbeitsrecht geht über die unionsrechtlichen Vorgaben hinaus, indem es nach § 2 Abs 1 UrlG einen jährlichen Urlaubsanspruch von zumindest 30 Werktagen vorsieht. Dieser Anspruch verjährt grundsätzlich nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist.
Nach der Judikatur des EuGH (C-120/21) setzt die Verjährung jedoch voraus, dass der Arbeitnehmer / die Arbeitnehmerin auch in die Lage versetzt wurde, den Urlaub zeitgerecht zu konsumieren. Demnach kann die Verjährung nur eintreten, wenn der Arbeitgeber / die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer / die Arbeitnehmerin aktiv aufgefordert hat, den Urlaub rechtzeitig in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus sind Mitarbeiter:innen über eine drohende Verjährung ihres Urlaubsanspruchs zu informieren. Geschieht dies nicht, bleibt der festgelegte EU-Mindesturlaub im Umfang von 4 Wochen pro Urlaubsjahr bestehen.
Der OGH hat diese vom EuGH entwickelten und weitgehenden Aufforderungs- und Hinweispflichten zunächst als nur eingeschränkt auf das österreichische Recht übertragbar erachtet. Er geht jedoch nunmehr davon aus, dass jedenfalls der EU-Mindesturlaub nur verjähren kann, wenn der Arbeitnehmer / die Arbeitnehmerin hinreichend bestimmt und in völliger Transparenz zum Verbrauch aufgefordert wurde. Ob dies auch für den darüberhinausgehenden Urlaubsanspruch nach nationalem Urlaubsrecht gilt, ist hingegen (noch) offen, zumal dies vom OGH im Rahmen dieses Verfahrens nicht zu beurteilen war und offengelassen wurde.
Um mögliche finanzielle Belastungen bei der Beendigung von Dienstverhältnissen zu vermeiden, sollten Arbeitgeber:innen sicherstellen, dass alle Mitarbeiter:innen ihren Urlaub konsumieren. Eine rechtzeitige und transparente Aufforderung dazu ist jedenfalls zu empfehlen. Diese sollte in Form einer schriftlichen und individuellen Aufforderung (zumindest ca. sechs Monate vor der Verjährung des offenen Urlaubs des drittvorangegangenen Urlaubsjahres) erfolgen. Ohne ein derartiges verjährungssensibilisierendes Schreiben verjährt ein Urlaubsanspruch jedenfalls im Umfang des offenen EU-Mindesturlaubs nicht.
Die Informationspflichten für Arbeitgeber wurden ausgeweitet. Nunmehr müssen auch für freie Dienstverhältnisse Dienstzettel ausgestellt werden, wenn ein Arbeitsverhältnis begründet, geändert oder eine Entsendung ins Ausland begonnen wird. Diese Pflicht gilt nicht, wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag oder eine Änderungsvereinbarung vorliegt. Der Mindestinhalt der Arbeitsbescheinigung wurde insbesondere um folgende Punkte erweitert:
Arbeitszeitnachweise können nun auch elektronisch eingereicht werden.
Arbeitnehmer:innen haben nun das Recht, mehrere Arbeitsverhältnisse einzugehen, ohne benachteiligt zu werden. Der Arbeitgeber / die Arbeitgeberin kann dies nur untersagen, wenn es mit Arbeitszeitregelungen oder bestehenden Arbeitsverhältnissen kollidiert.
Aus- und Weiterbildungen, die für die Ausübung der im Arbeitsvertrag vereinbarten Tätigkeit notwendig sind, gelten nun ausdrücklich als Arbeitszeit. Die Kosten für eine solche Ausbildung muss der Arbeitgeber / die Arbeitgeberin tragen, sofern sie nicht von einem Dritten finanziert wird. Ein Rückersatz kann jedoch weiterhin vereinbart werden, wenn dem Arbeitnehmer / der Arbeitnehmerin eine darüberhinausgehende Ausbildung finanziert wird, die am Arbeitsmarkt „verwertbar“ ist. Voraussetzung für eine Rückersatzpflicht ist der Abschluss einer schriftlichen, individuellen Rückersatzvereinbarung, die bestimmte Kriterien erfüllen muss.
Ergänzt werden diese Änderungen durch Neuerungen zum Motivkündigungsschutz. Arbeitnehmer:innen dürfen aufgrund der Geltendmachung von Ansprüchen i.Z.m. dem Dienstzettel, der Mehrfachbeschäftigung oder Aus-, Fort- und Weiterbildungen nicht gekündigt, entlassen oder sonstwie benachteiligt werden. Auf schriftliches Verlangen des Arbeitnehmers / der Arbeitnehmerin hat der Arbeitgeber / die Arbeitgeberin die Kündigung zudem zu begründen.
Angesichts der zahlreichen neuen Anforderungen empfiehlt es sich bestehende Arbeitsverträge vor allfälligen Änderungen und Arbeitsvertragsvorlagen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Dies stellt sicher, dass den aktuellen gesetzlichen Vorgaben entsprochen wird, um rechtliche Risiken zu vermeiden.
Das Telearbeitsgesetz zielt darauf ab, die Rahmenbedingungen für Telearbeit zu verbessern, indem es die bereits bestehenden Homeoffice-Regelungen auf ortsungebundene Telearbeit ausweitet. Diese Änderung ermöglicht es, Arbeitsleistungen an nicht zum Unternehmen gehörenden Orten wie Coworking-Spaces oder anderen von Arbeitnehmer:innen gewählten Orten zu erbringen. Die Anpassung resultiert aus der Evaluierung der Homeoffice-Maßnahmen, die seit April 2021 in Kraft sind, und reagiert auf den Bedarf nach flexibleren Arbeitsmöglichkeiten. Die neuen Regelungen treten am 1. Januar 2025 in Kraft und gelten sowohl für neu abgeschlossene Telearbeitsvereinbarungen als auch für bestehende Homeoffice-Vereinbarungen. Bestehende Vereinbarungen bleiben grundsätzlich gültig und müssen nicht angepasst werden, es sei denn, es sollen neue Telearbeitsorte hinzugefügt werden.
Telearbeit muss schriftlich zwischen Arbeitnehmer:in und Arbeitgeber:in vereinbart werden, ähnlich wie dies bereits für Homeoffice gilt. Diese Vereinbarung kann elektronisch erfolgen und muss spezifische Arbeitsorte sowie die Rahmenbedingungen der Telearbeit festhalten. Einseitige Weisungen des Arbeitgebers zur Einführung von Telearbeit sind nicht zulässig.
Der Arbeitgeber ist weiterhin verpflichtet, die notwendigen digitalen Arbeitsmittel für die Telearbeit bereitzustellen, was IT-Hardware, Software und die erforderliche Datenverbindung umfassen kann. Es besteht jedoch die Möglichkeit, durch Vereinbarung davon abzuweichen, sodass der Arbeitnehmer / die Arbeitnehmerin diese Mittel selbst bereitstellt. In diesem Fall ist der Arbeitgeber verpflichtet, die damit verbundenen Kosten angemessen zu erstatten, was auch durch pauschalierte Zahlungen erfolgen kann.
Die datenschutzrechtlichen Anforderungen an Telearbeit entsprechen denen im Büro. Dies beinhaltet die Festlegung der datenschutzrechtlichen Verantwortung, insbesondere wenn der Arbeitnehmer / die Arbeitnehmerin eigene digitale Arbeitsmittel nutzt. Die Vereinbarung sollte auch Regelungen zur sicheren Aufbewahrung von Zugangsdaten, zur Absicherung von Datenträgern und zur sicheren Löschung personenbezogener Daten umfassen. Außerdem gelten weiterhin die Meldepflichten bei Datenschutzverletzungen.
Das Arbeitsinspektorat hat weiterhin kein generelles Betretungsrecht für Wohnungen, in denen Telearbeit stattfindet, um die verfassungsrechtlich geschützten Rechte auf Privat- und Familienleben zu wahren. Eine Ausnahme besteht nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers / der Arbeitnehmerin. Diese Einschränkung gilt nur für Telearbeit in privaten Wohnräumen und nicht für gewerbliche genutzte Wohnungen oder vom Arbeitgeber bereitgestellte Unterkünfte.
Das Telearbeitsgesetz bringt signifikante Verbesserungen für Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen, indem es die Flexibilität der Arbeitsorte erweitert. Durch die klaren Regelungen zu Arbeitsmitteln, Datenschutz und die Einvernehmlichkeit bei der Vereinbarung von Telearbeit wird sichergestellt, dass die neuen Arbeitsformen rechtlich abgesichert und für alle Beteiligten transparent gestaltet sind. Die Änderungen tragen dem zunehmenden Wunsch nach flexiblen Arbeitsmodellen Rechnung und bieten so mehr Optionen, die Arbeitswelt den aktuellen Bedürfnissen anzupassen.
Gerne steht unser Arbeitsrechtsexperte Fabian Blumberger für weitere Fragen zu diesen Themen sowie Unterstützung bei der praktischen Umsetzung zur Verfügung.
Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Die Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH übernimmt keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.
17. September 2024