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Schuld und Strafe im Abfallrecht: teurer Tschick, schlauer Check


Verstöße gegen das Abfallrecht können teuer werden. Das beginnt bei Verwaltungsstrafen wegen eines achtlos weggeworfener Tschicks und endet bei Anklagen wegen Umweltkriminalität. Gegen diese Risiken gibt’s nur ein Rezept: ein gutes internes Kontrollsystem mit schlauen Checks.

Das Abfallrecht hat einen doppelt schwierigen Ruf: Es ist geradezu notorisch komplex und noch dazu mit drakonischen Strafen bewehrt. Schon zu Zeiten des Schillings hob der VfGH die damals geltende Mindeststrafe von öS 50.000,- als überschießend auf (E v 16.3.2000, G312/97 ua). Mittlerweile dürfen Abfallbehörden allerdings deutlich höher strafen: Verwaltungsdelikte weisen einen Strafrahmen bis zu 41.200 € auf. Landet ein Fall vor dem Strafgericht, zB wegen vorsätzlich oder fahrlässig umweltgefährdendem Behandeln oder Verbringen von Abfällen, drohen sogar mehrjährige Haftstrafen.

Das Abfallrecht schlägt nicht nur bei großen Umweltskandalen, sondern auch bei Alltagsdelikten zu: Das LVwG Salzburg hat einem Autofahrer, der einen Zigarettenstummel aus dem fahrenden Auto auf die Fahrbahn geworfen hat, eine saftige Geldstrafe von EUR 500,- aufgebrummt.1 Das wird kein Einzelfall bleiben, denn die Vermüllung des öffentlichen Raums erreicht mittlerweile gewaltige Dimensionen2 und fordert den Gesetzgeber geradezu heraus, seinen Sanktionskatalog nachzuschärfen. Es wird also nicht mit der saloppen Einladung „Host an Tschick?“, die auf Aschenrohren der MA 48 prangt, getan sein. Wer sich lässig seiner Kippen oder Kaugummis entledigt, hat lästige Strafen zu erwarten und wird empfindlich büßen müssen.

Auf unternehmerischer Ebene wird das eingangs geschilderte Dilemma – steigende Komplexität bei gleichzeitig verschärfter Strafdrohung – noch verzwickter. Der Gesetzgeber wird ja nicht müde, ständig neue Pflichten zu schaffen – und diesen noch dazu ein Preisschild umzuhängen: Nicht immer ist es eine Strafe, manchmal ein Pfand oder eine Abgabe (wie etwa der Altlastenbeitrag); im Extremfall kommen alle drei zusammen. Wer trägt dafür im Unternehmen die Verantwortung? Der oder die  handelsrechtliche, gewerberechtliche oder abfallrechtliche Geschäftsführer*in? Gerade bei Produktionsunternehmen, in denen die Stoffströme von Produktherstellung und Abfallverwertung ineinandergreifen (was ja auch Sinn der Kreislaufwirtschaft ist), ist dies eine schwierige Frage. Grundsätzlich ist in jedem Einzelfall zu ermitteln, welche Strafvorschrift oder Bescheidauflage übertreten wurde und ob diese dem Gewerbe-, dem Abfallrecht oder keinem von beiden zuzuordnen ist. Je nachdem, wie diese Prüfung ausfällt, können eine/r oder mehrere strafbar sein. Allerdings darf auch hier – wie der Verwaltungsgerichtshof in einer von uns erwirkten Entscheidung (13.11.2020, Ra 2020/05/0214-3) jüngst klargestellt hat – getrost der technische Sach- und Hausverstand eingeschaltet werden. Wenn etwa nicht erwiesen ist, dass eine dem Betrieb vorgeworfene Emissionsüberschreitung „zu einem überwiegenden Teil auf die (Mit-)Verbrennung von (gefährlichem) Abfall zurückzuführen“ ist, besteht kein Anlass, den abfallrechtlichen Geschäftsführer zu bestrafen.

Das beste Rezept gegen empfindliche Strafen im Abfallrecht ist freilich nicht, ein advokatorisches Hütchenspiel aufzuziehen (nach dem Motto: „Von drei möglichen war‘s maximal einer, wir sagen aber nicht welcher“), sondern ein wirksames Kontrollsystem zu installieren, das Verstöße schon im Ansatz unterbindet. Hier bietet eine neue Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs einen konstruktiven Ansatz: Mit Entscheidung vom 02.02.2021, Ro 2019/04/0007, hat das Höchstgericht ausdrücklich ein technisches Kontrollsystem als Nachweis anerkannt, dass die Verantwortlichen kein Verschulden trifft. Es empfiehlt sich also, beim Stofffluss der Abfälle in und durch das Unternehmen technisch unterstützte Kontrollschwellen einzuziehen, welche die erforderlichen qualitativen und quantitativen Parameter überwachen. Damit kann der Entlastungsbeweis gelingen und eine Strafe erspart bleiben – sofern nicht die über ihren „Freispruch“ erleichterten handels-, abfall- oder gewerberechtlichen Geschäftsführer*innen die zur Entspannung gerauchte Zigarette lässig in den Gully schnippen ….

Für die Beantwortung weiterer Fragen zu diesem Thema stehen Ihnen unser Experte Willi Bergthaler und unsere Expertin Reka Krasznai aus dem Team Umwelt- und Technikrecht gerne zur Verfügung. 

Disclaimer

Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Die Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH übernimmt keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.

1 Landesverwaltungsgericht Salzburg vom 19.07.2021, GZ 405-2/288/1/5-2021.

2 Vgl Umweltbundesamt, Littering in Österreich, Studie 2020, S 137 f.

 

25. November 2021

 
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