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Umwelt-Technikrecht | Haslinger / Nagele, Illustration: Karlheinz Wasserbacher

Rechtliche Klarstellungen stärken Verwertung von Stahlwerksschlacken


Autorinnen: Cornelia Lanser, Reka Krasznai

Zwei richtungsweisende Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) und des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (LVwG Stmk) sorgen für Aufwind bei der Verwertung von Schlacken aus der Stahlproduktion. Die Entscheidungen betreffen zentrale Fragen rund um die Beitragsfreiheit nach dem ALSAG und die Einstufung als Nebenprodukt nach dem AWG 2002 und könnten den Weg für mehr wirtschaftliche und rechtssichere Verwendungen ebnen.

1. Zur ALSAG-Beitragsfreiheit für „Stahlwerksschlacken“

Der VwGH hat am 30. April 2025 (Ro 2024/13/0029 ua) bestätigt: Nicht nur Schlacken, die am Ende des LD-Verfahrens, sondern auch jene Schlacken, die im Laufe des LD- Verfahrens anfallen, gelten als beitragsfrei, sofern sie im technisch notwendigen Ausmaß zulässigerweise im Straßen- oder Ingenieurbau entsprechend qualitätsgesichert verwendet werden.

Bei der Frage nach der ALSAG-Beitragsfreiheit ist auf die Herstellungsart (LD-Schlacke und Elektroofenschlacke, nicht aber zB Edelstahlschlacke) abzustellen, unabhängig von der stofflichen Zusammensetzung oder dem Zeitpunkt des Anfallens im Prozess. Somit muss nicht der gesamte LD-Prozess durchlaufen sein, um als Stahlwerksschlacke iSd § 3 Abs 1a Z 11 ALSAG zu gelten.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass nach der Erkenntnis des VwGH die Möglichkeit besteht, einen weiten Begriff der LD-Schlacke zu vertreten. Die Begründung im Erkenntnis des VwGH lässt es zu, dass alle Schlacken, die in einem LD-Verfahren anfallen, beitragsfrei verwendet werden können. Im Lichte der obigen Ausführungen sind alle im LD-Verfahren anfallenden Schlacken – unabhängig von ihrer stofflichen Zusammensetzung oder dem Zeitpunkt des Anfallens im Prozess – vom Begriff „Stahlwerksschlacken“ umfasst.

2. Nebenprodukt statt Abfall: Neue Chancen für den Berg(e)versatz

Das LVwG Steiermark bestätigte mit nicht rechtskräftigem Erkenntnis vom 20. Juni 2025 (LVwG 46.24-3144/2024-15), dass Schlacken aus dem LD-Prozess, insbesondere Konverterschlacke, CC-Schlacke und REE-Schlacke für den Zweck des Berg(e)versatzes als Nebenprodukte gelten können – und somit für diesen Verwendungsweck nicht als Abfall einzustufen sind.

Das LVwG hat dabei folgende wesentliche Klarstellungen getroffen:

  • Keine konkreten Einsatzorte oder Einsatzmodalitäten für Nebenprodukteigenschaft nötig: Weder der konkrete Einsatzort noch die konkreten Einsatzmodalitäten seien erforderlich, um von einer gesicherten Weiterverwendung (gemäß § 2 Abs 3a Z 1 AWG 2002) auszugehen. Die Einsatzflächen, Menge und Durchführung der Verwendung des Materials müssten daher für die Feststellung der Nebenprodukteigenschaft nicht im Voraus bestimmt sein.
  • Keine Abnahme- oder Vorverträge nötig für Nebenprodukteigenschaft: Eine Weiterverwendung des Materials sei nicht nur dann „sicher“, wenn es für das betreffende Material einen Markt gibt (dh vertraglich abgesicherte Abnehmer). Vielmehr sei eine Weiterverwendung idS auch dann sicher, wenn der Erzeuger des Materials dieses tatsächlich unter für ihn wirtschaftlich vorteilhaften Bedingungen nutzen will, sofern diese Wiederverwendung ohne vorherige Bearbeitung gewiss ist. Nach Ansicht des LVwG Steiermark genügen Absichtserklärungen potentieller Abnehmer.
  • Keine anlagenrechtlichen Bewilligungen im Vorfeld nötig: Für die Feststellung der Nebenprodukteigenschaft müssten nicht alle für den Einsatz der Schlacken als Bergversatz in konkreten Bergbaubetrieben erforderlichen anlagenrechtlichen Bewilligungen (konkret: nach bergbaurechtlichen Vorschriften) vorliegen. Die Einholung dieser Bewilligungen obläge dem Anlagenbetreiber.
  • Umweltqualität muss für den Einsatzzweck vorliegen: Im AWG-Feststellungsverfahren ist generell die geeignete Qualität im Hinblick auf den geplanten Einsatzzweck – hier im Berg(e)versatz – nachzuweisen, die tatsächliche Einsatzfähigkeit bei einem konkreten Vorhaben ist im Materienverfahren (zB nach MinroG) zu beurteilen.

3. Fazit: Zwei Urteile, ein Signal

Die aktuelle Rechtsprechung bringt mehr Rechtssicherheit für die (beitragsfreie) Stahlwerksschlackenverwendung – ein wichtiger Schritt für Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz.

Nach dem Erkenntnis des VwGH sind die engen Auslegungen des Begriffs „Stahlwerksschlacken“ somit überholt. Die Entscheidung verschafft Spielraum für eine wirtschaftlich sinnvolle Verwendung von Stahlwerksschlacken.

Das noch nicht rechtskräftige Erkenntnis des LVwG Steiermark stärkt die Rechtsauffassung, dass Verwertungsentscheidungen auf Basis der Materialqualität getroffen werden müssen – nicht anhand formaler Hürden.

Disclaimer

Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Die Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH übernimmt keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.

Autorinnen:

LanserCornelia_HaslingerNagele

Cornelia Lanser

Rechtsanwältin
Krasznai Reka

Reka Krasznai

Rechtsanwaltsanwärterin

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1. Juli 2025

 
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