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Neu denken und lenken im Klimaschutz oder: Gratis-Teslas für alle?


Wilhelm Bergthaler
Foto: Rainer Weiß

Unser Partner Wilhelm Bergthaler wurde als Experte im Umweltausschuss des Parlaments zum Klimavolksbegehren geladen. Thema: Energie und Mobilität nachhaltig machen. Er nutzte die Gelegenheit, in 8 Minuten 7 rechtliche Vorschläge zu unterbreiten. Hier eine Kurzfassung seines Statements:

Im Klimavolksbegehren sind die Themen Mobilität und Energie zu Recht gemeinsam angesprochen, denn sie haben Entscheidendes gemeinsam: Sie brauchen Infrastrukturen, die klimafreundlich auszurichten und auszubauen sind, und einen Innovationsschub, der die Umrüstung auf klimafreundliche Technologien ermöglicht (Stichwort: Wasserstoff). Daraus folgt:

  • Unser Genehmigungsrecht muss innovationsoffener werden. Wir haben taugliche Instrumente für die Forschungs- und Technikumsphase. In der entscheidenden Phase des Upscalings neuer Technologien auf den großtechnischen Maßstab hapert‘s allerdings noch, wenn mit dem althergebrachten Stand der Technik neue technologische Entwicklungen beurteilt werden sollen. Hier braucht es neue Freiräume durch Instrumente wie Reallabore oder Innovationsrahmen, um schneller vorwärts zu kommen.
  • Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der klimafreundlichen Infrastrukturen braucht Beschleunigung – ohne Partizipationsverluste. Planungssicherheit und effizientere Verfahrensabläufe sind Gebote der Stunde. Das betrifft vor allem die Frage, was wann wie geprüft wird. Ganz entscheidend ist die verbindliche Prüfung von Technologie- und Standortalternativen vor den Genehmigungsverfahren. Es ist niemandem gedient, wenn wir uns heute am Ende eines Verfahrens über ein Wasserkraftwerk mit der Frage befassen müssen, ob nicht andere Standorte vorzuziehen oder überhaupt besser ein paar Windräder zu bauen gewesen wären. Eine gut strukturierte strategische Umweltprüfung könnte solche Prüfschleifen verhindern.
  • Die öffentliche Hand sollte bei der Umrüstung und Neuausrichtung der Systeme als Vorreiter vorangehen. Das öffentliche Beschaffungswesen ist stärker zu ökologisieren. Die Fahrzeugbeschaffung ist schon weitgehend klimaorientiert ausgerichtet; bei den Bauaufträgen ist die ökologische Komponente noch zu schwach. Hier würde die Ökobilanzierung als Instrument deutlich mehr Schubkraft bringen.
  • Bei jeder Neuregulierung, die die Wende fördern soll, sollte von zeitaufwändigen Prüfkriterien Abstand genommen, denn sie wirken einer schnellen Umrüstung kontraproduktiv entgegen: Wenn möglich, sollten daher Förderkriterien den anzuwendenden Genehmigungskriterien entsprechen. Eignungszonen, etwa für PV-Anlagen, sollten keinen übersteigerten Sensibilitäten gehorchen müssen: Es ist schwer verständlich, dass PV-Anlagen auf Deponien unter dem Aspekt des Orts- oder Landschaftsbildes mitunter kritischer gesehen werden als der Blick auf die Deponie.
  • Effizienz und Verbrauch: Im Nah- und Fernwärme sowie Fernkältebereich bestehen noch ungenutzte Potenziale. Hier gilt es, Kooperationsmodelle zwischen Industrie, Kommunen und Energiewirtschaft stärker zu fördern. Von liebgewonnenen, aber verlorenen Leitbildern ist Abschied zu nehmen: Es ist nicht nur verlorene Liebensmüh, sondern auch verschwendete Energie, wenn industrielle Einleiter einen enormen, energieintensiven Kühlaufwand betreiben müssen, um Gewässertemperaturen auf einem Niveau zu halten, das durch die Klimaerwärmung nicht mehr haltbar ist.
  • Abgaben können ein gutes Lenkungsinstrument sein; Steuern können Verhalten steuern. zwei Aspekte sind dabei entscheidend: Sie sollten möglichst mit ökologischer Zweckbindung versehen werden – keine intransparente „Mittelversandung in allgemeinen Töpfen“. Sowohl bei der Einhebung als auch bei der Mittelverwendung ist auf sozialen Ausgleich zu achten. Gratis-Teslas für alle wird’s nicht spielen, aber ein intelligentes System mit Abgabenbefreiungen für einkommensschwache Haushalte kann Härten vermeiden.
  • Statt auf ein Instrument zu setzen, empfiehlt sich eine Mehrzahl an Instrumenten. Dabei ist dem Gestaltungswillen der Bürgerinnen und Bürger möglichst großer Freiraum zu lassen. Das gilt im Bereich der Energie etwa für die Erzeugergemeinschaften (Prosumer-Modelle) genauso wie im Bereich der Mobilität für Mikro-ÖV-Dienste. Und: Diese Instrumente sollten gut aufeinander abgestimmt sein: Wenn Umrüstungen verlangt werden – etwa durch verbindliche LKW-Flottenzielwerte, wie sie das deutsche Umweltbundesamt thematisiert -, so dürfen die umgerüsteten Flotten dann nicht erst recht wieder mit ökologisch begründeten Fahrverboten belegt werden.

Fazit: Der juristische Werkzeugkoffer ist prall gefüllt. Er muss nur geöffnet und richtig zum Einsatz gebracht werden.

 

14. Januar 2021

 
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