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Mit einem „Zisch“ zur Markeneintragung?


Der Durst ist groß, die Erfrischung liegt schon in der Hand: sei es eine prickelnde Limonade, ein kühles Bier oder ein fruchtiger Cider – das markante Zischen beim Öffnen einer Getränkedose lässt einem vor lauter Vorfreude meist das Wasser im Mund zusammenlaufen. Aber darf denn jedermanns Dose beim Öffnen zischen und prickeln? Mit der interessanten Frage, ob ein Zischen mit einem darauffolgenden Geräusch von Prickeln als Klangmarke schutzfähig und damit für ein Unternehmen monopolisierbar sein kann, durfte sich das erstinstanzliche Gericht der Europäischen Union (EuG) in einem Urteil vom 07.07.2021 (T-668/19) auseinandersetzen.

Das deutsche Unternehmen Ardagh Metal Beverage Holdings hatte beim Europäischen Amt für Geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke angemeldet. Diese bestand aus einem Hörzeichen, welches an den Klang erinnert, der beim Öffnen einer Getränkedose entsteht, gefolgt von etwa einer Sekunde ohne Geräusch und einem Prickeln von etwa neun Sekunden. Der Anmeldung wurde eine entsprechende Audiodatei beigelegt (nicht mehr erforderlich ist die Beilage eines Notenblattes). Registriert werden sollte diese Klangmarke unter anderem für folgende Waren: Behälter aus Metall, Milchprodukte und insbesondere Getränke aus Milch oder Milch enthaltende Getränke, Kaffee, Mineralwässer und alkoholfreie Getränke sowie auch alkoholische Getränke.

Was kann überhaupt eine Marke sein?

Grundsätzlich dient eine Marke dazu, die mit ihr versehenen Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen, um diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheiden zu können. Wesentliche Funktion der Marke ist damit die Herkunftsfunktion, wobei eine Marke auch dementsprechend unterscheidungskräftig (und somit nicht nur rein die Ware beschreibend) sein muss, um überhaupt als solche eingetragen werden zu können.

Inzwischen gibt es verschiedene Möglichkeiten, etwas als eine Marke registrieren lassen zu können – man kann dabei nicht nur ein Wort oder ein Bild oder eine Kombination von beidem (wobei diese zu den häufigsten Markenregistrierungen zählen) registrieren, sondern auch dreidimensionale Formen, Farben oder eben auch Klänge bzw. Töne.

Klangmarken oder auch Hörmarken bestehen ausschließlich aus einem Ton bzw. Klang oder einer Ton- bzw. Klangfolge, wie zum Beispiel Jingles oder kurze Musik- oder Geräuschfolgen mit oder ohne Worte/Gesang. Diese sind nach wie vor selten – als europäische Klangmarken sind momentan lediglich rund 262 Ton- bzw. Klangfolgen registriert (Stand 07.07.2021, TMView-Abfrage). Als bekanntes österreichisches Beispiel ist der Almdudler-Ruf zu nennen, der als (österreichische) Klangmarke registriert ist.

Die Entscheidung des EuG

Das EuG hatte sich nicht nur inhaltlich mit der Frage, ob ein Zischen beim Öffnen einer Getränkedose eine Klangmarke sein kann, sondern auch mit diversen verfahrensrechtlichen und (teilweise begründeten) Mängeln, die der Beschwerdekammer bei ihrer Entscheidung unterlaufen sind, auseinanderzusetzen (Spoiler: diese Verfahrensmängel konnten dem Beschwerdeführer jedoch auch nicht helfen).

Das Wesentliche: Die Unterscheidungskraft einer Marke ist zum einen im Hinblick auf die Waren und Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist und zum anderen im Hinblick auf ihre Wahrnehmung durch den angesprochenen Durchschnittsverbraucher zu beurteilen. Dabei sind für sämtliche Markenanmeldungen hinsichtlich deren Unterscheidungskraft dieselben Prüfungskriterien anzuwenden – nichtsdestotrotz soll und muss die spezifische Entscheidungspraxis bei Klangmarken bei der Prüfung entsprechend berücksichtigt werden. Hörzeichen müssen über eine gewisse Resonanz verfügen, anhand deren der angesprochene Verbraucher es erkennen und es als Marke – und nicht bloß als funktionalen Bestandteil oder als Indikator ohne wesenseigene Merkmale – auffassen kann. Der angesprochene Verbraucher muss also das Hörzeichen dahin verstehen, dass es eine Möglichkeit zur Identifizierung bietet, weil es als Marke erkennbar ist.

Ergebnis: Der Klang (also das Zischen), der beim Öffnen einer Dose entsteht, ist in Anbetracht der in Rede stehenden Waren (bei Getränken verschiedenster Art) als ein rein technisches und funktionelles Element anzusehen. Denn das Öffnen einer Dose oder Flasche ist eine spezifische technische Lösung, die zum Verzehr von Getränken notwendig ist (dies auch unabhängig davon, ob das Getränk nun Kohlensäure enthält oder nicht). Somit kann dieser Klang nicht als ein Hinweis auf die betriebliche Herkunft der betreffenden Waren wahrgenommen werden.

Fazit

Kaum überraschend besitzt der Klang von einem Zischen beim Öffnen einer Getränkedose und ein darauffolgendes Prickeln nicht ausreichend Unterscheidungskraft, um als Marke registriert werden zu können. Es sollte aber in keinem Fall der Wert eines Klanges oder eines Jingles für ein Unternehmen unterschätzt werden – denn auch diese sind (bei ausreichendem Wiedererkennungswert und Unterscheidungskraft) ein ausgezeichnetes Werbemittel und können somit großen wirtschaftlichen Wert erreichen.

Für die Beantwortung weiterer Fragen zu diesem Thema steht Ihnen unsere ExpertInnen Markus Gaderer und Beatrice Iancu aus dem Team Immaterialgüterschutz gerne zur Verfügung.

Disclaimer

Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Die Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH übernimmt keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.

 

19. Juli 2021

 
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