Whistleblowing-Meldesysteme
Wir helfen bei der Umsetzung und Aufarbeitung!
Am 15.08.2024 ist das 1. Kärntner Energiewende-Gesetz (LGBl 55/2024) in Kraft getreten, mit dem das Kärntner Raumordnungsgesetz 2021 (K-ROG 2021), die Kärntner Bauordnung 1996 (K‑BO 1996), das Kärntner Elektrizitätsgesetz (K-EG) und das Kärntner Elektrizitätswirtschafts- und ‑organisationsgesetz 2011 (K-ElWOG) geändert wurden.
Mit dieser Sammelnovelle soll eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für einen rascheren Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung mitsamt der erforderlichen Leitungsinfrastruktur und Erleichterungen beim Erneuerbaren-Ausbau ermöglicht werden. Mehr regionale Eigenversorgung mit erneuerbaren Energien soll sich etablieren und dadurch die regionale Versorgungssicherheit ausgebaut werden. All dies unter Berücksichtigung eines sorgsamen Umgangs mit dem Boden und der Natur.
Caroline Weiß hat die wesentlichen Neuerungen im Folgenden zusammengefasst:
Klimaneutralität als Raumordnungsziel
Als ein Raumordnungsziel wird iSd RED III auf die Klimaneutralität abgestellt. Bis zum Erreichen der Klimaneutralität kommt bei allen raumbedeutsamen Planungen dem überragenden öffentlichen Interesse der Erzeugung, Speicherung und Verteilung von erneuerbarer Energie der Vorrang gegenüber der Erhaltung des Landschaftsbildes zu.
Begriffsbestimmungen
Im neuen § 1a K-ROG 2021 finden sich gesammelt die wesentlichen Begriffsbestimmungen. In Umsetzung der RED III wird nunmehr vom Begriff „Energie aus erneuerbaren Quellen“ oder „erneuerbare Energie“ jegliche Art von erneuerbarer Energie umfasst und somit Energie aus erneuerbaren, nicht-fossilen Energiequellen, dh Wind, Sonne (Solarthermie und Photovoltaik) und geothermische Energie, Salzgradient-Energie, Umgebungsenergie, Gezeiten-, Wellen- und sonstige Meeresenergie, Wasserkraft, Energie aus Biomasse, Deponiegas, Klärgas und Biogas (vgl § 1a Z 5 K-ROG 2021).
Sachgebietsprogramme
Die Sachgebietsprogramme dürfen nun auch grundsätzliche Aussagen über die Ausweisung von Vorrangflächen für die Integration und den Einsatz von erneuerbarer Energie unter Berücksichtigung der Eigenversorgung und der regionalen Versorgungssicherheit sowie auch für die Land- und Forstwirtschaft enthalten.
Örtliches Entwicklungskonzept, Bebauungsplan und Teilbebauungsplan
Im örtlichen Entwicklungskonzept, im generellen Bebauungsplan und im Teilbebauungsplan dürfen keine Beschränkungen festgelegt werden, die die Errichtung oder Erweiterung von Anlagen, die der Erzeugung, Speicherung und Verteilung von erneuerbarer Energie dienen, ausnahmslos ausschließen.
Verordnung für Solarenergieanlagen
Die Landesregierung darf durch Verordnung bestimmen, welche Flächen für Solarenergieanlagen im Grünland gesondert festzulegen und welche in den Widmungen zulässig sind (derzeit aktuell: Kärntner Photovoltaikanlagen-Verordnung 2024, LGBl 58/2024; siehe dazu auch bereits unseren 360°EE-Beitrag „Kärntner Photovoltaikanlagen-Verordnung 2024 – (K)eine gesonderte Flächenwidmung erforderlich„).
Ausnahme vom Anwendungsbereich
Die K-BO 1996 kommt nicht zur Anwendung für bauliche Anlagen, die erneuerbare Energie iSd § 1a Z 5 K‑ROG 2021 verteilen, sofern es sich nicht um Gebäude handelt, die nicht unmittelbar der Verteilung dienen.
Bloß mitteilungspflichtige Vorhaben
Mitteilungspflichtig sind die Errichtung, die Änderung und der Abbruch von baulichen Anlagen, die erneuerbare Energie iSd § 1a Z 5 K-ROG 2021 erzeugen oder elektrische Energie speichern. Das Vorhaben muss aber den Anforderungen nach § 7 Abs 3 K-BO 1996 (Flächenwidmung, Bebauungsplan, etc) entsprechen. Die Vollendung dieser Vorhaben ist der Behörde binnen zwei Wochen schriftlich zu melden; gleichzeitig sind bei baulichen Anlagen, die elektrische Energie speichern, die Lage und die technischen Daten mitzuteilen.
Entfall der Anforderung des Interesses des Landschaftsbildes
Zur Erreichung der Klimaneutralität und der Regierungsprogrammziele wird in der K-BO 1996 nunmehr nicht mehr auf die Interessen der Erhaltung des Landschaftsbildes abgestellt.
Neuer Gesetzestitel
Aus dem Elektrizitätsgesetz wurde nun das Elektrizitätsleitungsgesetz und entspricht damit der Gesetzestitel nunmehr auch dem tatsächlichen Inhalt des Gesetzes.
Sachverständige und Verfahrenskosten
Die Beiziehung von nichtamtlichen Sachverständigen im Verfahren wurde erleichtert und ist ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 und 3 des AVG 1991 zulässig. Als Sachverständige können auch fachlich einschlägige Anstalten, Institute oder Unternehmen bestellt werden.
Die Kosten, die der Behörde bei der Verfahrensdurchführung erwachsen (zB Gebühren oder Honorare für Sachverständige), hat der Projektwerber zu tragen. Nach Prüfung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit kann die Behörde dem Projektwerber mittels Bescheid auftragen, diese Kosten direkt zu bezahlen.
Diese Systematik kennt man aus dem UVP-Regime.
Überragendes öffentliches Interesse
Die Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an der Versorgung mit elektrischer Energie, im Besonderen aus Erzeugungsanlagen aus erneuerbarer Energie sowie auch die Umsetzung des überragenden öffentlichen Interesses an der Erzeugung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen wurden nunmehr als Ziele im K-ElWOG aufgenommen.
Bei Erteilung einer Genehmigung ist davon auszugehen, dass die Erzeugung von elektrischer Energie aus erneuerbaren Quellen im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit dient (vgl § 11 Abs 4a K-ElWOG).
Genehmigungspflichtige und genehmigungsfreie Vorhaben
Genehmigungspflichtig sind die Errichtung und der Betrieb einer Erzeugungsanlage mit einer elektrischen Engpassleistung von mehr als 500 kW (anstatt wie bisher 5 kW).
Im vereinfachten Verfahren sind insbesondere Erzeugungsanlagen zu genehmigen, deren elektrische Engpassleistung höchstens 1.000 kW (anstatt wie bisher 500 kW) beträgt, sofern diese nicht von der Genehmigungspflicht ausgenommen sind.
Genehmigungsfrei sind ua Photovoltaikanlagen auf bestehenden baulichen Anlagen sowie ausschließlich zur Notstromversorgung bestimmte Erzeugungsanlagen (die nicht parallel mit dem öffentlichen Verteilernetz betrieben werden) in öffentlichen Gebäuden. Ebenso elektrische Leitungsanlagen zur Energieableitung, soweit diese keiner Bewilligungspflicht nach dem K-EG unterliegen, und Wasserkraftanlagen, sofern diese zu keiner unzumutbaren Belästigung führen.
Einräumung von Dienstbarkeiten
Mit Genehmigungserteilung ist die erforderliche Dienstbarkeit iSd § 17 Abs 2 lit b K‑ElWOG als eingeräumt anzusehen, wenn sich im Verfahren eine Inanspruchnahme von Fremdgrund in unerheblichem Ausmaß ergibt. Dies allerdings nur dann, wenn weder eine Einwendung erhoben wurde noch ein Antrag auf ausdrückliche Einräumung einer Dienstbarkeit vorliegt noch eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde (vgl § 11 Abs 1a K-ElWOG).
Vorübergehende Benützung fremder Grundstücke möglich
Die Eigentümer von Nachbargrundstücken sowie entlang von Zufahrtsstraßen gelegenen Grundstücken haben zum Zweck der Errichtung, Änderung, Instandsetzung oder des Rückbaus von bereits rechtskräftig genehmigten oder genehmigungsfreien Erzeugungsanlagen eine vorübergehende Grundstücksbenützung im unbedingt erforderlichen Ausmaß zu dulden (vgl § 18a K-ElWOG). Dies kann zB das Gehen und Fahren, das Zwischenlagern von Material und das Aufstellen von Gerüsten betreffen, wenn die erforderlichen Arbeiten oder die Zu- und Abtransporte nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand bewerkstelligt werden können. Auch bewegliche Sachen, Bewuchs, Zäune und dergleichen dürfen vorübergehend entfernt werden, jedoch darf das fremde Grundstück einschließlich des Bewuchses oder darauf errichtete Bauwerke nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
Zunächst ist jedoch das Einvernehmen mit dem Grundeigentümer ernsthaft und nachweislich anzustreben. Kommt kein Einvernehmen zustande, hat die Behörde auf Antrag binnen vier Monaten ab Antragstellung zu entscheiden. Einer Beschwerde gegen den Bescheid kommt keine aufschiebende Wirkung zu.
Allfällige Entschädigungen sind unaufgefordert binnen drei Monaten nach Abschluss der Benützung zu leisten. Nach Ablauf der Frist oder mangels Einvernehmen sind Entschädigungsansprüche vom Grundeigentümer bei sonstigem Ausschluss binnen einen Jahres nach Abschluss der Inanspruchnahme bei der Behörde geltend zu machen.
Mitteilungspflichten des Netzbetreibers
Die Netzbetreiber haben der Behörde jährlich die an ihr Netz angeschlossenen Erzeugungsanlagen von erneuerbarer Energie unter Angabe der Anlagendaten (Lage, Engpassleistung, Jahr der Inbetriebnahme, Art der Erzeugungsanlage) bis 31. März des Folgejahres automationsunterstützt mitzuteilen.
Die Energiewende-Sammelnovelle kann (punktuell) durchaus für eine Beschleunigung im Erneuerbaren-Ausbau sorgen. Insbesondere der Entfall von Genehmigungsverfahren sowie die zahlreichen Erleichterungen für bestimmte Erzeugungsanlagen von erneuerbarer Energie und die erforderliche Leitungsinfrastruktur sind zu begrüßen. Aus der anwaltlichen Praxis wird angemerkt, dass die (wenn auch nur vorübergehende) Benützung von fremden Grundstücken für Projektrealisierungen einiges an Konfliktpotenzial in sich birgt. Gerne helfen wir Ihnen bei sämtlichen Belangen im Zusammenhang mit der Realisierung Ihres Energiewende-Projekts; dies österreichweit – selbstverständlich auch in Kärnten :).
Für die Beantwortung weiterer Fragen und für die rechtliche Beratung zu diesem Thema steht Ihnen das Experten-Team der Praxisgruppe 360° Erneuerbare Energie zur Verfügung. Weitere Beiträge rund um das Thema Erneuerbare Energie finden Sie auf der Website von 360°Erneuerbare Energie.
Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Die Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH übernimmt keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.
21. August 2024