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Foto des Beitrags der OÖN: Das dünne Eis zwischen Lügen, Wahrheit und Irrtümern

Interview mit René Haumer: Dürfen Zeugen vor Gericht lügen?


Aus aktuellem Anlass widmeten die OÖNachrichten am 4. Juni 2021 dem Tatbestand der falschen Beweisaussage einen Beitrag – zu dem Partner René Haumer (Team Wirtschaftsstrafrecht) Auskunft über die Rechtslage im Gerichtssaal und bei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen erteilte.

Wer als Zeuge vor Gericht oder im Ermittlungsverfahren der Kriminalpolizei eine falsche Aussage tätigt, ist gemäß § 288 StGB mit einer bis zu dreijährigen Freiheitsstrafe zu bestrafen. Ebenso haben Auskunftspersonen vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschluss Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, sofern kein Aussageverweigerungsgrund besteht.

Der Schutzzweck des § 288 StGB besteht darin, die Erforschung relevanter Tatsachen in einem Verfahren zu ermöglichen. Wer vorsätzlich etwas objektiv Falsches behauptet oder etwas Relevantes weglässt, macht sich strafbar, wenn es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden wird, etwas Unwahres zu sagen. Spekulationen, Meinungen oder Irrtümer sind hingegen straffrei.

Wem hingegen ein Aussageverweigerungsrecht zusteht, der hat das Recht zu schweigen; dies gilt insbesondere für Personen, gegen die strafrechtliche Ermittlungen geführt werden. Jedoch begehen auch Personen, die – obwohl sie sich entschlagen könnten – falsch aussagen, um die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung von sich abzuwenden, ebenso eine falsche Zeugenaussage .

Straffrei ist auch, wer sich in einem „Aussagennotstand“ befindet und deshalb die Unwahrheit sagt. Dieser liegt vor, wenn ein Zeuge nicht über sein Entschlagungsrecht Bescheid wusste und deshalb die Unwahrheit sagt. Dieser Aussagennotstand kommt aber praktisch nur sehr selten vor, da vor jeder Einvernahme eine rechtliche Belehrung über Entschlagungsmöglichkeiten erfolgen muss – und dies in der Praxis auch entsprechend umgesetzt wird.

In Untersuchungsausschüssen, wo meist Personen des öffentlichen Interesses befragt werden, würde eine Aussageverweigerung unter Hinweis auf Entschlagungsrechte von der Öffentlichkeit wohl häufig als ein Schuldeingeständnis gewertet werden. Nach der Judikatur des OGH kann eine Falschaussage auch in einem solchen Fall entschuldigt sein, wenn sie in der Absicht erfolgt, die Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung von sich abzuwenden.

 

7. Juni 2021

 
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