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Die neue Restrukturierungsordnung: Flop oder interessante Sanierungsalternative?


Wir haben noch vor Inkrafttreten (17.07.2021) der neuen Restrukturierungsordnung (ReO) deren wesentliche Eckpunkte hier dargestellt.

Nach einer Geltungsdauer von mehr als einem Jahr ist es angebracht, eine Art Zwischenresümee zu ziehen. Tatsache ist, dass es nach unserem Informationsstand bislang nach wie vor kein eröffnetes Restrukturierungsverfahren gibt.

Handelt es sich also um eine „Totgeburt“ oder doch um eine zumindest künftig in der Praxis relevante Sanierungsalternative?

Zunächst sei auf wesentliche positive Aspekte der ReO verwiesen:

  • breite Palette von Sanierungsmaßnahmen, wobei in rechtlicher Hinsicht die klassischen Sanierungstools, nämlich
  • Schuldnachlass
  • Stundung

in Frage kommen

  • keine Mindestquote
  • betroffene Gläubiger werden Gläubigerklassen zugeordnet, in denen gesondert über den Restrukturierungsplan abgestimmt wird
  • Über Antrag ist eine Vollstreckungssperre zu erlassen, welche vor allem nachstehende Vorteile bietet:
  • Insolvenzschutz (keine Insolvenzeröffnung)
  • Vertragsschutz (für wichtige Verträge mit Lieferanten)
  • Haftungsschutz (für die Unternehmensorgane)
  • keine Publizität (wenn die Vollstreckungssperre nur für einzelne Gläubiger/-klassen beantragt wurde)
  • Kurzverfahren bei „Ausgleichsstörern“
  • Restrukturierungsvereinbarung mit Banken kann gegen „Hold out Creditor“ durchgesetzt werden
  • Cramdown
  • Fehlende Zustimmung einer Gläubigerklasse kann durch eine gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans ersetzt werden.

Nicht unerwähnt bleiben sollen aber auch einige aus unserer Sicht negative Aspekte:

  • nicht geeignet bei Unternehmens(-teil)veräußerungen, weil im Gegensatz zum gerichtlichen Insolvenzverfahren keine Ausnahme von den einschlägigen Haftungsbestimmungen für Unternehmenskäufer vorgesehen ist
  • nicht empfehlenswert bei geplanten Personalmaßnahmen, weil
  • keine Insolvenzentgeltsicherung
  • keine privilegierte Auflösung von Dienstverhältnissen (auch Beendigungsansprüche sind voll zu befriedigen)
  • aktiver Sanierungsbeitrag eines Gesellschafters nicht oder nur auf „Umwegen““ durchsetzbar/kein gerichtlich angeordneter Debts Equity Swap
  • keine Prozesssperre

Zwischenresümee:

Ungeachtet der aufgezeigten negativen Aspekte existieren doch Fallkonstellationen, die die Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens zweckmäßig erscheinen lassen. Hervorzuheben sind hier vor allem die Möglichkeit, eine Publizität des Verfahrens zu vermeiden und die Tatsache, dass den betroffenen Gläubigern keine Mindestquote anzubieten ist. Auch kann durch eine sinnvolle Auswahl der Gläubigerklassen und einen gut vorbereiteten Cramdown ein für alle Stakeholder erfreuliches Sanierungsergebnis erreicht werden. Man sollte also die ReO nicht vorzeitig als Flop bezeichnen, sondern ein Verfahren nach der Restrukturierungsordnung bei Sanierungsüberlegungen durchaus mitberücksichtigen!

Disclaimer

Für die Beantwortung von Fragen zu diesen Themen stehen Ihnen unsere Experten Thomas Kurz und Michael Haiböck gerne telefonisch oder unter akut@hnp.at zur Verfügung.

Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Die Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH übernimmt keine Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.

 

17. August 2022

 
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