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Wirtschaftsstrafrecht | Haslinger / Nagele, Illustration: Karlheinz Wasserbacher

Das Bankgeheimnis im Lichte des Strafprozessrechts-
Änderungsgesetz 2024


Autor:innen: Laura Baumgartner-Viechtbauer, Simon Scherzer

Mit dem Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2024 wurden unter anderem umfassende Neuregelungen betreffend Sicherstellung und Beschlagnahme – insbesondere auch zur Beschlagnahme von Datenträgern (siehe dazu näher Sicherstellung und Beschlagnahme von Datenträgern: Ein Blick auf den neuen Gesetzesentwurf!) – eingeführt. Im Zuge dessen wurden auch die bisherigen Regelungen zur Auskunft aus dem Kontenregister und zur Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäft gem § 116 StPO reformiert. Die damit verwirklichten Änderungen der Strafprozessordnung (StPO) traten mit 01.01.2025 in Kraft.

Ziel des Gesetzgebers war es einerseits einen den Anforderungen des VfGH (VfGH 14.12.2023, G 352/2021) entsprechenden Rechtsrahmen herzustellen, die Beschuldigten- und Opferrechte zu stärken sowie eine Erhöhung der Effizienz und Beschleunigung von Ermittlungsverfahren zu erreichen.

Von den Änderungen ist auch das Bankgeheimnis betroffen

Von den mit Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2024 eingeführten weitreichenden Änderungen ist auch das Bankgeheimnis gemäß § 38 BWG betroffen. Dieses ist in der österreichischen Rechtsordnung von zentraler Bedeutung, da es Kreditinstitute gesetzlich verpflichtet, bestimmte vertrauliche Informationen, die dem Kreditinstitut ausschließlich aufgrund der Geschäftsbeziehung anvertraut oder zugänglich gemacht wurden, weder zu offenbaren noch zu verwerten (§ 38 Abs 1 BWG). § 38 BWG liegt insofern im Interesse des Kunden an der Geheimhaltung, aber auch im Interesse des Kreditinstituts, da dieses gesetzlich verankerte Auskunftsverweigerungsrecht (auch gegenüber Behörden) eine wichtige Grundlage dafür ist, dass Kunden der Bank das nötige Vertrauen entgegenbringen.

Lediglich in den gesetzlich vorgesehenen Ausnahmefällen (§ 38 Abs 2 BWG) besteht die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses nicht. So beispielsweise in einem Strafverfahren gegenüber den Staatsanwaltschaften und Gerichten nach Maßgabe der §§ 116, 210 Abs 3 StPO.  Kreditinstitute müssen sich akribisch an diese gesetzlichen Vorgaben halten, um nicht Gefahr zu laufen das Bankgeheimnis zu verletzen und dadurch unter Umständen erheblichen – sogar strafrechtlichen – Sanktionen (vgl § 101 BWG) ausgesetzt zu sein.

Die Bedeutung der Änderungen des § 116 StPO für Kreditinstitute und Beschuldigte

Die Auskunft aus dem Kontenregister und Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte (§ 116 StPO) stellten bereits bisher zentrale Ermittlungsinstrumente zur Durchbrechung des Bankgeheimnisses dar. Dabei liefert die Auskunft aus dem Kontenregister den Ermittlungsbehörden Informationen zu den formalen Kontodaten, etwa zur Identität des Kontoinhabers, zu bestehenden Verfügungsberechtigungen sowie überhaupt zum Bestehen eines Kontos („äußere Kontodaten“). Demgegenüber ermöglicht die Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte die „Kontoöffnung“ und somit den Zugriff auf detailliertere Informationen, wie etwa Einsicht in Kontoauszüge, Transaktionsdaten oder sonstigen Informationen über Geschäftsverbindungen („innere Kontodaten“) und geht somit weit über die Auskunft aus dem Kontenregister hinaus.

Formelle Anordnungsvoraussetzung für die Auskunft aus dem Kontenregister ist eine Anordnung der Staatsanwaltschaft (§ 116 Abs 3 StPO). Als eingriffsintensivere Maßnahme ist die Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte demgegenüber von der Staatsanwaltschaft auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung anzuordnen (§ 116 Abs 4 StPO). Im Falle einer Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte musste die gerichtlich bewilligte Anordnung über die Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte bisher (auch) an das Kreditinstitut, das von der Ermittlungsmaßnahme betroffen war, gerichtet und diesem zugestellt werden (§ 116 Abs 4 Z 2 idF BGBl. I Nr. 27/2018). Demnach hatte bislang auch das Kreditinstitut die Möglichkeit, Beschwerde gegen die gerichtliche Bewilligung zu erheben und damit den Eingriff in das Bankgeheimnis (§ 38 Abs 2 Z 1 BWG) aufgrund fehlender formeller oder materieller Voraussetzungen (§ 116 Abs 1, 2 und 4) als unzulässig zu rügen.  Dieser Beschwerde kam aufschiebende Wirkung zu (§ 116 Abs 6 idF BGBl. I Nr. 27/2018). Zur Wahrung der Interessen ihrer Kunden und zur Vermeidung des Risikos erheblicher Sanktionen wegen eines allfälligen Verstoßes gegen das Bankgeheimnis machten Kreditinstitute – nach pflichtgemäßer Prüfung der Anordnung – regelmäßig von dem ihnen zustehenden Beschwerderecht Gebrauch.

Nach neuer – seit 01.01.2025 geltender – Rechtslage soll die Staatsanwaltschaft dem Kreditinstitut die Mitwirkungspflicht nach § 116 Abs 6 StPO im Einzelfall mit gesonderter Anordnung auftragen, den Umfang der Mitwirkung festlegen und allenfalls die Geheimhaltung der mit der Anordnung und Bewilligung verbundenen Tatsachen und Vorgänge anordnen. In dieser Anordnung ist nunmehr lediglich auf die gerichtliche Bewilligung hinzuweisen. Durch diese staatsanwaltschaftliche Anordnung gemäß § 116 Abs 6 StPO wird dem Kreditinstitut nunmehr die Mitwirkungspflicht im Einzelfall, einschließlich deren Umfangs und etwaiger Geheimhaltungspflichten, gesondert aufgetragen. Es handelt sich hierbei um eine gesonderte Anordnung, die unabhängig von der richterlichen Durchführungsanordnung nach § 116 Abs 4 StPO ergehen muss, um die Mitwirkungspflicht des Kreditinstituts auszulösen. Das bedeutet, dem Kreditinstitut entstehen – im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage – nicht schon unmittelbar durch die gerichtliche Bewilligung Pflichten und es ist daher auch nicht unmittelbar von einem Zwangsmittel betroffen. Konsequenz daraus ist, dass das Kreditinstitut gegen die gerichtliche Bewilligung einer Auskunft über Bankkonten und Bankgeschäfte nicht (mehr) beschwerdelegitimiert ist.

Der Gesetzgeber rechtfertigt diese Neuregelung mit dem Ziel einer Verfahrensbeschleunigung und dem Schutz der Geheimhaltungsinteressen des Beschuldigten. Insbesondere soll verhindert werden, dass das Kreditinstitut Informationen über die Verdachtslage samt detaillierter Begründung und somit Zugang zu personenbezogenen Daten erlangt. Diese datenschutzrechtlichen Aspekte klingen auf den ersten Blick zwar vielversprechend. Fakt ist aber, dass eine derartige Neuregelung für Beschuldigte keine Vorteile erwarten lässt. Denn durch den Entfall der Beschwerdemöglichkeit eines (weitgehend) außenstehenden Dritten (Kreditinstitut), der die Anordnung der Ermittlungsbehörden bisher einer gesonderten Prüfung unterzog bzw unterziehen musste, werden sensible Daten nunmehr ohne Rechtschutzmöglichkeit den Ermittlungsbehörden bekannt. Dieser eingeschränkte Rechtsschutz wird umso deutlicher, wenn man sich vor Augen führt, dass die Zustellung der gerichtlich bewilligten Anordnung an den Beschuldigten – wie nach bisheriger Rechtsalge (vgl § 116 Abs 5 StPO idF BGBl. I Nr. 27/2018) – (bis nach der Auskunft) aufgeschoben werden kann, wenn der Zweck der Ermittlungen ansonsten gefährdet wäre (§ 116 Abs 5 StPO).

Disclaimer

Dieser Beitrag stellt lediglich eine allgemeine Information dar und ersetzt keine Rechtsberatung. Die Haslinger / Nagele Rechtsanwälte GmbH übernimmt keinerlei Haftung für Inhalt und Richtigkeit dieses Beitrages.

Autor:innen

Portrait Mann anonym | Haslinger / Nagele, Illustration: Karlheinz Wasserbacher

Simon Scherzer

Rechtsanwaltsanwärter
 

30. Juni 2025

 
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